Von den restaurierten und neu aufgelegten Altmeistern
wurden 150 Zeichnungen der Zürcher Schule (16.18. Jahr-
hundert) wissenschaftlich bearbeitet. Die gesicherte Prove-
nienz aus altzürcherischem Familienbesitz erlaubte in den
meisten Fällen eine zweifelsfreie Zuschreibung. Durch die
erneuerte, ansprechende Präsentation kommt die künst-
lerische Qualität vieler Blätter jetzt erst richtig zum
Ausdruck. Die entstandenen Verzögerungen in Ausleih-
und Benutzerverkehr nötigen uns, die Inventarisierung zu
beschleunigen und mit Gründlichkeit nur bei solchen
Beständen vorzugehen, die für eine Publikation vorbereitet
werden.
Die Volkshochschulklasse von Frau Irene Meier
widmete sich der Druckgraphik von Toulouse-Lautrec;
der Abendkurs von Frau Dr. Gagel (Schule für Gestaltung)
zur Kunst der Frauen vom 18.20. Jahrhundert vertiefte
die Fragenstellungen zu diesem aktuellen Thema, das vor
hochrangigen Werken in unserer Sammlung zu anre-
genden Diskussionen Anlass gab.
Auch auswärtige Fachkollegen haben durch ihre
fundierten Kommentare zu publizierten Leihgaben
wesentliche Beiträge zur Erforschung unserer Bestände
geleistet. Frau Dr. Vibeke Knudsen aus dem Kupferstich-
kabinett des Statens Museum Kopenhagen zentrierte ihre
Füssli-Zeichnungen-Ausstellung um den «Bogenspanner»
(Schiff 1480), dessen antithetische Bewegungsstruktur
(Aggression/Angst) sie in vielen Hauptwerken unserer
Sammlung als typisches Verhaltensmuster Füsslischer-
Figuren aufgedeckt hat. — Ohne die gesammelten druck-
graphischen Werke von Heinrich Lips, ein Kleinod inner-
halb unseres Bestandes an Zürcher Künstlern um 1800,
wäre nach den Worten von Dr. Joachim Kruse, Direktor der
Kunstsammlungen der Veste Coburg und Autor des ersten
umfassenden Ausstellungskatalogs zum graphischen Werk
von Lips, eine wissenschaftliche Bearbeitung der über 100
Druckgraphiken im Coburger Kupferstichkabinett nicht
denkbar gewesen, die im Sommer 1989 auf der Veste neben
Leihgaben zu sehen sein werden. Uns kommt ausser der
Beschreibung der Stiche (überwiegend Porträts von Persön-
lichkeiten der Goethe-Zeit) auch die Erschliessung der
Lips-Zeichnungen zugute, die wegen der häufigen
Verwechslungen mit Werken von Jakob Lips aus Birmens-
dorf zu falschen Zuschreibungen verleiten. BvW
VIDEOTHEK
Für unsere seit 1980 auf rund 300 Videobänder ange-
wachsene Sammlung haben wir ausser einigen Dokumen-
tationsbändern vor allem Werke von jungen Schweizern
und von amerikanischen Künstlern angekauft. In
Hanspeter Ammanns Bändern geht es immer wieder um
die Begegnung mit Menschen. Thema des Videos «Gegen
Gefühlsdebilität» zum Beispiel ist die eigene Wahrneh-
mung und die Darstellung dieser Wahrnehmung. Dazu
gehört, dass die Bilder nicht linear narrativ, nach gängigen
Strukturen oder Gesetzen montiert werden, sondern in der
Weise aneinandergereiht sind, dass sie der «Montage-
Technik» der Erinnerung entsprechen. Die 1961 geborene,
heute in Genf lebende Marie-Jose Burki hat für viele ihrer
Bänder die Metapher des Elefanten gewählt. «Celui qui a vu
passer les €lephants blancs» ist eine Arbeit über das
Fassungsvermögen des Gedächtnisses und sein Funktio-
nieren in der heutigen Bilderflut sowie über die Gleichzei-
tigkeit der verschiedenen Ebenen und Räume: «Den
weissen Elefanten beim Vorbeigehen zu sehen, heisst so
viel, wie dem vorüberwehenden Wind zuzuschauen:
einem Wind aus Bildern, in denen die Geschwindigkeit
mit dem Gedächtnis in Konkurrenz tritt.» (M.J. Burki)
Von der Amerikanerin Dara Birnbaum erwarben wir das
dritte Band ihrer auf fünf Teile angelegten «Damnation of
Faust». Es zeigt Szenen eines New Yorker Spielplatzes und
seiner Zerstörung, während zwei Teenager sich an ihre
Vergangenheit erinnern, sowie Sequenzen aus der Bürger-
rechtsbewegung und studentischen Protesten in Frankreich
und China. Dara Birnbaum stellt die komplexen Bezie-
hungen zwischen individueller und gesellschaftlicher
Erfahrung zur Diskussion und transformiert persönliche
Erinnerungen in ein kollektives Bewusstsein.
Der in New York lebende Spanier Francesc Torres
untersucht anhand eines vom Krieg zerstörten Gebietes
in Spanien und eines im Frieden niedergerissenen Hoch-
hausviertels in New York die Grenzlinie zwischen dem
Zustand des Krieges und dem des Friedens. Die Resultate
sind sehr ähnlich; folgerichtig stellt das Band die Frage
nach einer Definition von Frieden in hochentwickelten,
von Konkurrenz geprägten Gesellschaften.