Zürich insbesondere jenen künstlerischen Umgang mit
Photographie zu dokumentieren, wie er von vielen jungen
zeitgenössischen Künstlern in experimenteller Weise un-
:ernommen wird. Auf diesem Gebiet ist seit längerem auch
die Gruppe Junge Kunst der Vereinigung Zürcher Kunst-
freunde aktiv. Eine Auswahl aus diesen Sammlungsbe-
ständen wie eine knappe Übersicht der breitgefächerten
Sammlungstätigkeit der Schweizerischen Stiftung für die
Photographie war mit der «Rich-Collection» in unmittel-
varer Nachbarschaft zur Bokelberg-Sammlung ausgestellt.
Die Photographie hat in ihrem Jubeljahr wohl auch als
Sammlungsobjekt im Kunsthaus endgültig Fuss gefasst.
AUSSTELLUNGEN DER
STIFTUNG FÜR DIE PHOTOGRAPHIE
Photographie aus der Sowjetunion
Ein willkommener Zufall — das Zusammentreffen des
(50. Geburtstages der Photographie und die Thematik der
Zürcher Junifestwochen —bot der Schweizerischen Stiftung
tür Photographie die seit langem erwünschte Gelegenheit,
die bei uns kaum bekannte sowjetische Photographie
vorzustellen. Was in der Vor-Gorbatschow-Ära unmöglich
war, rückte nun durch die Öffnung der russischen Archive
und Bibliotheken in den Bereich des Machbaren. Drei
recht unterschiedliche Photoausstellungen ergänzten sich
zu einer eindrücklichen Dokumentation sowjetrussischen
Lebens in Geschichte und Gegenwart. Das «Leben im zari-
stischen Russland» von 1855 bis zum Sturz des letzten
Zaren in der Oktoberrevolution konnte dank dem Ent-
zegenkommen der bedeutendsten Photosammlung in der
Sowjetunion, der Sammlung Stassow in der Saltykow-
Schtschedrin-Bibliothek in Leningrad, mit einer Auswahl
von im Westen noch nie gezeigten Originalphotos darge-
stellt werden. — «Die Revolution: die Anfänge des Bild-
‚ournalismus in der Sowjetunion»: diesen gewaltigen poli-
schen Umbruch illustrierten Reportagebilder und
Zeitschriften aus den Archiven von Sowjetskoje Photo und
dem Familienarchiv Rodtschenkos. —Der dritte Teil, «Zwei
Adressen in Moskau, 1989», war dem Schaffen zweier
jüngerer Moskauer Photographen gewidmet. Pavel
Kriwzow ging für uns dem Alltag einer Durchschnitts-
familie in Moskau nach; Sergej Borissoff schilderte mit
arrangierten Szenen, einem aktuellen Trend entsprechend,
eine bis anhin vorwiegend im Untergrund lebende Gegen-
welt zur sowjetischen Normalität.
Alberto Flammer
Mit den Photographien Flammers zeigte die Stiftung für
die Photographie zum vierten Mal in den vergangenen fünf
Jahren eine grössere Ausstellung, die dem aktuellen
Schaffen eines Schweizer Photographen gewidmet war;
zugleich vertiefte die Präsentation eine erste Begegnung
mit der phantasievollen Vorstellungswelt des Tessiners in
der Ausstellung «Il Ticino e i suoi fotografi» 1988. Flammers
paradoxe Absicht zielt auf die Kreation exakter Abbilder
von nicht existenten Objekten. Seine Bildwelt löste denn
auch bei vielen Besuchern Faszination und Fragen aus, da
sie mit der für Photographien selbstverständlichen Wieder-
gabe von Vorhandenem zugleich die Wahrnehmung über-
haupt in Frage stellt. Für Flammer sind seine Bilder «eine
Provokation, engagierte Versuche zu zeigen, dass nicht alles
so Ist, wie es zu sein scheint, eine Aktivierung aus diesem
Grunde auch des Unbewussten».
GM/UP/TS/WB