AUSSTELLUNGEN
Friedrich Dürrenmatt
Friedrich Dürrenmatt wollte sich als Zeichner, Maler und
Grafiker erst nach seinem Tod (1990) der Öffentlichkeit
stellen. So ist sein bildnerischer Nachlass grösstenteils in
eine Stiftung übergegangen und nun in einer Auswahl
einem überraschten, irritierten und erstaunten Publikum
zugänglich gemacht worden. Die Ausstellung bekam ihre
besondere Präsenz und Prägnanz durch die Einrichtung
des Architekten Mario Botta, der die Metapher des Tun-
nels als Bildwand für die kleinformatigen Tuschzeichnun-
gen wählte, während sich die plakativen Gouachen zu den
Fenstern auf den Heimplatz und zum Schauspielhaus
wandten. Vor diesen standen, im grosszügigen Raumam-
biente schon dem Eintretenden sichtbar, von Botta eigens
entworfene Korbsessel und luden zum Lesen und Disku-
tieren ein, was häufig benutzt wurde und so der Ausstel-
lung von Anfang an die Sakralität und Musealität gängi-
ger Kunstverehrung nahm. Im vorderen Ausstellungsteil
führte das in vier Teile gegliederte vierstündige Filmpor-
trät von Charlotte Kerr in die Sprache, Fülle und Gedan-
kenwelt des Dichters ein, während sein immenser
Schreibtisch und die Dokumente seiner Künstlerfreund-
schaften, von Walter Jonas zu Varlin, zusammen mit
Fotos im Treppenaufgang und im Entree sein Haus in
Neuchätel und seine Biographie vergegenwärtigten. Dür-
renmatts Bildwelt fand ihren eindringlichen Ausdruck
wohl in den ganz frühen wie ganz späten Federzeichnun-
gen, die gleichermassen unabhängig von Zeit und Stil die
Weltzerstörung, Apokalypse, Krieg und Grausamkeit the-
matisieren und häufig vor seinem literarischen Schaffen
als Bildvision entstanden. «Nicht meine Gedanken
erzwingen meine Bilder, meine Bilder erzwingen meine
Gedanken.» (F. Dürrenmatt, 1990). Durch Friedrich Dür-
renmatt-Iage in der Universität und in Theatern sowie
Veranstaltungen in der Ausstellung wurden viele Brücken
zu einem literarischen Werk geschlagen, zu dessen Deu-
tung die Bilder wesentliche Verständnishilfen sind, wie
dies auch die gleichzeitige Ausstellung des Schweizeri-
schen Literaturarchivs in Bern und der gemeinsam pro-
duzierte Katalog aufzeigten. GM
Dada Global
«Dada war da, bevor Dada da war»: Am Anfang des Aus-
stellungsprojekts stand die Bearbeitung und Veröffentli-
chung der internationalen Dada-Bestände der Sammlung
ım Anschluss an den 1985 publizierten, jetzt neu aufge-
legten Band «Dada in Zürich». Wie das Dada so eigen ist,
entwickelte sich nicht nur das bescheiden genannte
«Sammlungsheft 18» auf stattliche 472 Seiten entspre-
chend dem steten Anwachsen der Sammlung seit 1980,
auch die Ausstellung entfaltete sich zusehends mit Video-
bändern, Requisiten, Tondokumenten, Transparenten mit
Dada-Sprüchen und Zutaten aller Art, und eine Bühne im
ersten Ausstellungsteil war schliesslich Schauplatz von
rund 25 theatralischen, literarischen, musikalischen Ver-
anstaltungen. Eine nicht enden wollende Finissage verle-
bendigte zum Schluss den Geist des dadaistischen
Gesamtkunstwerks als Aktion und Spektakel, Kulinarıi-
sches inbegriffen, und so gebar der Dada-Virus jenes «offe-
ne Museum», von dem die Zürcher Jugend 1968 und 1981
träumte und die Stadt so infizierte und beflügelte, dass
selbst die «NZZ» vom Zürcher Kulturereignis des Jahres
sprach. Die Kunsthaus-Darbietung selber war in drei Teile
gegliedert: ın eine Einführung in die Geburtsstätte von
Dada, in das Cabaret, in die Pariser und Berliner Saisons,
mit den Dokumenten von Hugo Ball und Emmy Hen-
nings aus der «Voltaire»-Zeit, der Zürcher «Galerie Dada»,
den Tänzerinnen der Laban-Schule und den Marionetten
von Sophie Taeuber wie einer permanenten Dada-Per-
formance mit auf die Bühnenrückwand projizierten
Selbstdarstellungen der dadaistischen Akteure und Pro-
vokateure. Hans Bolliger erläuterte per Video seine
Sammlertätigkeit, und Walter Mehring schilderte vom