AUSSTELLUNGEN IM ERDGESCHOSS
Erwin Blumenfeld
Wenn auch vielleicht nicht sein Name, seine Mode-
photos waren einem grösseren Publikum in den Nach-
kriegsjahren von Paris bis New York von den Covers für
«Vogue» oder «Harper’s Bazaar» bekannt. Weit weniger
geläufig war Blumenfelds zeichnerisches Frühwerk im
Umkreis des Berliner Dadaismus sowie seine Anfänge als
Photograph in Amsterdam. Diese erste monographische
Ausstellung ermöglichte es nun, alle Lebensabschnitte
ziner turbulenten Biographie auszuleuchten. Leitschnur
war dabei Blumenfelds fulminante Autobiographie
«Durch tausendjährige Zeit», mit der er sein Jüdisches
Schicksal mit Ironie und Sarkasmus kommentierte.
Seiner halsbrecherischen Lebenslinie folgte auch die
windungsreiche Ausstellungsarchitektur mit den Sta-
tionen Berlin 1897-1917, Amsterdam 1917-1936, Paris
1936-1939 und New York 1941-1969, durchsetzt mit
Material aus dem Dada-Archiv des Kunsthauses, Skulp-
turen und Bildern von Maillol und Rouault, biographi-
schen Dokumenten, Exilliteratur und einer Abendrobe
aus dem Museum Bellerive. Den Schlusspunkt setzten
die von Sohn Henry gelesenen Passagen aus der Auto-
biographie in seinen vier Sprachen, hörbar in einer Art
Boxring, umgeben von Selbstportraits und Spiegeln.
Die Ausstellung machte augenfällig, wie der Fetisch
des Frauenkörpers, der «Schönheit», als eine einzige
Kompensation für ein Leben diente, das früh durch
die deutsche Katastrophe, den Nationalismus und den
1. Weltkrieg, die Nazis und die dreifache Emigration
traumatisiert war. Ein äusserst waches und grosses
Publikum verstand die Schau sowie das begleitende
Katalogbuch von William Ewing als aufregende Lektion
in Politik und Geschichte, Verzweiflung und Souplesse,
Moral und Lüge, photographische Experimentierlust
und glamourösen Kommerz. GM
Medien - Materialien, Ausstellung der GSMBA
Die diesjährige Ausstellung der GSMBA wurde von
einem Team aus den Reihen der Gesellschaft selbst kura-
tiert. Sie sollte die Vielfalt der heute in der Kunst ge-
»räuchlichen Medien und Materialien anschaulich
machen. Folgende Künstlerinnen und Künstler nahmen
'eil: Sabina Baumann, Matthias Bosshart, Felix Stephan
Huber, Rudolf Rempfler, Bendicht Fivian, Germaine
Frey, Monika Germann & Daniel Lorenzi, Monika Kiss-
Horvath. Sonja Merten, Marlis Mumenthaler. TB
Zürich - ein Fotobortrait
Zu ihrem 100. Geburtstag hat die Zürcher Bank Hof-
mann AG der Stadt, ihren Bewohnern und Gästen sowie
sich selbst 1997 ein Geschenk gemacht: einen Photoband
mit dem schlichten Titel «Zürich». Ein Kunstbuch der
besonderen Art, indem die Bank zwölf internationale
Photographinnen und Photographen und vier Schrift-
stellerinnen und Schriftsteller nach Zürich einlud, um
sich hier ohne Einschränkungen umzusehen und ihre
subjektiven Eindrücke zu gestalten. In einem zweiten
Schritt erwies das Kunsthaus Zürich diesem ungewöhn-
lichen Sponsoring als einer basishaften Kulturförderung
seine Reverenz, indem es die Originalaufnahmen in
ihren sehr verschiedenartigen Formaten und Techniken,
Annäherungen und Botschaften, nach Autoren grup-
piert ausstellte. Das Bild von Zürich, das Lewis Baltz,
Gabriele Basilico, Flor Garduno, Cristina Garcia Rodero,
Paul Graham, Andreas Gursky, Felix Stephan Huber,
Muriel Olesen, Martin Parr, Luciano Rigolini, Anne-
lies Strba und Giorgio von Arb dabei entwarfen, war
wunschgemäss weit entfernt von blosser Abbildhaftig-
keit. Der Besucher musste es sich wie ein Puzzle selber
zusammensetzen - von poetischen Geheimnissen wıe
bei Flor Garduno zur trockenen Dokumentation bei
Basilico, von Gurskys kühler Aura der Banken zur Emo-
tion der nächtlichen Langstrasse von Baltz, von Parrs
Sarkasmus zu Grahams Subtilität, usw. Als eigentlicher
«Renner» erwiesen sich Annelies Strba’s Postkartenbilder,
welche die als so kalt und geschäftig gestempelte Stadt in
eine märchenhafte Stimmung tauchten. Durch die Texte
von Valeria Narbikova und Yoko Tawada, von Carlos
Fuentes und Cees Nooteboom erhielt das Buch eine
Ebene, welche die Photos in ihrer Unterschiedlichkeit
bündelte und verlebendigte, eine individuelle Färbung
»rmöglichte, die der Ausstellung etwas abging. Wie das