Volltext: Jahresbericht 2002 (2002)

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Das Kuns thaus besitzt grosse Werkgruppen, die zwei 
Wege der Malerei e x emplarisch v er deutlichen. Das 
eindrucksvolle Konv olut von Georg Base litz und die 
Gemä lde von Cy Twombly verkörpern die expressiv- 
figurative und die abstrakte, gestische Malerei am 
Ende des 20. Jahrhunderts. Natürlich stellt sich für ein 
Museum, dessen Samml ung stets mit der Gegenw art 
gewachsen ist, die F rage, ob und wie die Malerei der 
jeweils jungen Gene ration eine Zukunft haben könnte. 
Die A ntwort la utet auch im s ogena nnten digitalen Zeit- 
alter ja: Es gibt viele junge Künstler, die mit P insel und 
Farbe arbeiten. Auch wenn wir die s ogena nnten 
Trends der zeitgenössischen Kunst im Mus eum durch- 
aus w ahrnehme n, k önnen manche aus verschiedenen 
Gründen nicht in das Zentrum unserer Erwe r bungspo- 
litik rücken. Das heisst ni cht, dass am Museum «kon- 
s ervativ» gesammelt wür de, aber vor dem Hintergrund 
stagnierender Erwerbungsmittel und st eigender Prei- 
se auf dem Kunstmarkt (auch für zeitgenös sische 
Kuns t) kann es heute nicht darum gehen, einen Künst- 
ler in allen Phasen seine s Wirk ens für die Samml ung 
zu verfolgen. Vielme hr streben wir an, jeweils 
bes onders m arkante Werke aus einem Schaffenspro- 
zess früh herauszukristallisieren und für das Mus eum 
zu sichern. Diese Ankäufe s etzen den Massstab für 
weitere Erwerbungen – entweder von anderen Künst- 
lern oder durch Ergänzung des V orhanden en. Das viel- 
leicht wichtigste Kriterium des musealen Samme lns 
ist der Zusa mmenha ng der Neuerwerbungen mit dem 
vorhandenen Bestand. Denn die Zeitgenos sen stehen 
hier in einem nachvollziehbaren, in der Schaus amm- 
lung sichtbaren Kontext mit dem seit anderthalb Jahr- 
hunderte n ge wachse nen Besitz des Kunsthauses. 
Die heute 30- bis 4 5-jährigen Künstlerinnen und 
Künstler verstehen das Malen als Prozess, dem sie 
sich vor dem Hinte rgrund der D igitalis ierung sehr 
bewusst und häufig mit grosser Entschi e denheit 
zuwe nden, ganz unabhängig von einem Bekenntnis 
zum abstrakten oder gegenständlichen Motiv. Bei den 
jüngst en Erwerbungen auf dem Gebiet zeitgenös si- 
scher Malerei fo lgen wir denn auch w eniger solchen 
stilistischen Kriterien als künstlerischen Qualität en: 
Wie setzt sich eine Künstlerin oder ein Künstler mit 
dem Medium auseinander, welche Rolle spielen Wech- 
selbeziehungen mit anderen T echnik en wie der Foto- 
grafie oder Videokunst und wie wird Malerei eingesetzt, 
um ein visuelles Er eignis zu erzeugen? Kurz sei an 
Br idget Rileys « Shade» (1982) erinnert, ein bereits im 
letzten Jahresbericht gewür digtes Geschenk von Wer- 
ner Merzbacher, das für das l etztgena nnte K riterium 
eine richtungsweisende Erwerbung ist. 
Mit Unte rstützung der Hilti-Sti ftung gel ang es im 
Berichtsjahr, das grosse Gemälde «Gr een Blue» (1994) 
des irischen Mal ers Sean Scully (*1945) zu erwerben 
(Abb. 23). «Green Blue» zeigt zwei Felder von jeweils 
acht Rechtecken, die leicht gegeneinander ver schoben 
und farblich deutlich unte rschieden sind: Rot und dun- 
kles Blau dominieren in der e inen, Orange und Gelb- 
grün in der anderen Hälfte. Die F arben sind in mehre- 
ren Sc hichten aufgetrage n, die nicht vollkommen 
deck end sind und sich so optisch überlage r n, ver- 
schwinden und wiederkehren, so dass ein W echse l- 
spiel von Form und Farbe entsteht. Scully tr eibt sein 
mel anc h olisches Spiel zwischen F r eiheit und Begren- 
zung vora n. Sean Scull y, der seit Mitte der siebziger 
Jahre in den Vereinigten Staat en lebt, findet die Anre- 
gung zu s einen Fotografien und Gemälden in grob 
zusa mmenge nagelt en W änden einfacher Häuser. 
«Gr een Blue» s tammt aus einer Phase der R eduktion 
auf wenige Kompositionselemente in der Mitte der 
neunziger Jahre, die uns im Kontext der Sa mmlung 
und der Neuerwerbungen besonders interessant 
schien. 
Gl eichfall s aus Reihe n geometrischer G rundfor- 
men gefügt, demonstriert «Agencé» (2002) von Ber- 
NEUE MALEREI
	        
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