Volltext: Jahresbericht 2004 (2004)

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Mit den «Zwei Jaguaren» von Jacob Gerritsz Cuyp 
(1594–1652) fand eines der fas zinier ends ten Tierbilder 
der hol ländischen Malerei E ingang in die Sa mmlung. 
Die Erwerbung wurde möglich durch das grosszügige 
Legat von Peter A lther und ist s einer Erinnerung 
gewidmet. In dem hoch originellen Tiers tück haben 
wir eine der ersten a b e ndländischen ma l erischen 
Dars tel lungen der panthe ra onca, der ausschliesslich 
in der Neuen Welt verbr eitet en Grosskatze, vor uns. 
Das Bild weist enge Beziehungen auf zu drei Gemä l- 
den von Aelbert Cuyp, dem als Landschaftsmaler 
berühmte n Sohn von Jacob. Auch dort finden sich 
Jaguare, wenn auch bloss als Staffage in Historienge- 
mälden; eines dieser Gemälde, «Adam gibt den Tieren 
ihre Na men», st ammt ebenfalls aus dem Jahr 1639; 
die beiden anderen zeigen Orpheus, wie er die Tiere 
durch seine Musik bezaubert. Offens ic htlich ist, dass 
der Sohn unser Bild als Vorlage benutzt hat. Vermutet 
wurde f erner, dass die Dars tel lungen des J aguars bei 
beiden Cuyp beeinflus s t sind von St ichen nach Werken 
des Utrechters Roeland Savery. Dieser wurde im 
Dienst des Königs Rudolf II. in Prag zum professionel- 
len Tiermaler; auch bei ihm kommen schon Jaguare 
vor. Stiche nach Sa very wurden zwar erst 1643 verlegt, 
einze lne Blätte r fa nden indes schon vorher Verbrei- 
tung. Nicht allein die plastisch naturtreue Wiedergabe 
lässt aber annehme n, dass Jacob Gerritsz Cuyp Gele- 
genheit h atte, lebendige Jaguar e zu sehen. Auch dass 
es sich um eines der in der holländischen Malerei ver- 
gl eichsw eise seltenen r einen Tierstücke handelt, 
spric ht dafür. Diese wur den als Analoga oder Erwei- 
terungen der Gattung des Stilllebens beha ndelt und 
immer nach der Natur gema lt. Und e ntspr echend 
dienten auch sie gleichermassen der Entfa ltung von 
malerischem Brio wie auch – stets noch im Nachhal l 
ihrer Abkunft vom a ll egorischen Tableau – der mora li- 
sierenden Kontemplation. 
Tierstücke waren allerdings dem gängigen Haus- 
und Nutztierb e s tand gewidmet: Wir finden Kühe, 
Schafe, Katzen, Hunde sowie allerhand Federvieh. Ein 
Jagua r hingegen ist ein hoch exotisches Wesen und als 
einzige grosse Raubka tze der Neuen Welt zu jener Zeit 
in Europa eine riesige Sens ation. Die ers ten Exempla- 
re wurden wohl im Zuge der holländischen Kolonisie- 
rung Südamerikas von der von Johan Maurits von Nas- 
sau–Siegen 1637 lancierten brasilianischen E xpedition 
in die N iederlande gebracht und dem Statthalter der 
Niederlande, Johan Maurits’ Vetter Frederik Hendrik, 
nach Den Haag geschickt. In dessen berühmter Mena- 
gerie mag sie der in Dordrecht tätige Cuyp gesehen 
haben. Wir wissen aber nic ht, ob der Künstler diese 
zwei Raubka tzen im Auftrag oder aus persönlichem 
Interesse, vielleicht als Naturstudie, zwecks späterer 
Verwendung in Historienbildern gem alt hat. So sind 
die möglichen G ründe der Motivwahl wohl komplex, 
und der motivgeschichtliche Ort des originellen The- 
mas bes timmt sich nur zu einem Teil aus einer T radi- 
tion der Tiermalerei, sondern vielmehr auch aus der 
welthistorischen Aktualität: der Entdeckung neuer 
Konti ne nte. Die E ntdeckungsr e isen beflügelten die 
Phantasie, aber auch das wissenschaftliche und ästhe- 
tische Interesse an der fernen und nahen Fauna und 
Flora. Oft begleiteten – bis ins 19. Jahrhundert – Küns t- 
ler die Entdecker, Kaufleute und Eroberer auf ihren 
Reis en. So wol lte auch die Expedition des Moritz von 
Nas sau nicht nur die flüchtigen holländischen Erobe- 
rungen Olinda und Recife sichern und ausbauen, um 
die weitere E xpl oitation des Kontinents durch die hol- 
ländische «Westindische Compagnie» zu beför dern. 
Moritz nahm auf seine Reise neben den Seeleuten und 
Söldnern auch Kartographen, Mediziner, Astronomen 
und Naturforscher mit. Nicht zul etzt waren an Bord 
auch zwei Mal er, nämlich A lbert E ckhout und Frans 
Post, deren Aufgabe es war, die neuen Länder zu schil- 
dern. Gern wur den alsdann die von den Entdeckern als 
JACOB GERRITSZ CUYP «ZWEI JAGUARE»
	        
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