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an eine Erstkommunion unter blühenden Obstbäumen
ist dafür ein Musterbeispiel. Ein späteres, schon von
dem Klassizismus der Reifezeit Denis’ bestimmtes
Gemälde mit dem gleichen Titel lässt an den «Karfrei-
tagszauber» in Richard Wagners «Parzifal» denken,
einer musikalischen «Zentral-Ikone» des Symbolis-
mus.Das«Geistige»dieserKunstistnochinder alten
abendländischen Tradition ein Christliches und steht
doch an der Schwelle zur Auflösung inein allgemein
Transzendentes. Christian Klemm
Das Gemälde wurde im Entstehungsjahr von Denis verka uft und ist
nicht publi ziert . Eng verwandt ist die grössere, q u erformatige «Pro-
cession pascale» von 1892, s. Mau rice Denis ( 1870–1943). Ausstel-
lungskatalog Musée d’Orsay Paris 2006, Nr. 27, das Portrait von Mme
Ranson im Musée Départemental Mau rice Denis in Saint-Germain-
en-LayeNr.26,dasspätereBildgleichenTitelsvon1899Nr.68,das
ZitatausdemJournalS.15.
Die «Définition du Néo-Traditionnisme» ers tmals in Art et Critique
Augus t 1890, benützt: Mauric e Den is: Du symbolisme au classicis-
me. Théories. Paris 1964,S.33–46,bes.S.33, 42,45,fernerdie Texte
überPaulGauguinS.51undPaulSérusierS.55.
er erfüllt von einem intensiven katholischen Glauben;
als Achtzehnjähriger notierte er in seinem Tagebuch:
«AulieuduCloître,j’ai trouvé l’Atelier, l’Atelier avec sa
frivolitéetsadébauche;etmoi,jechercheàunirles
enseignements du ciel, etmaraisonélargies’ouvreà
plus d’idées diverses.» Ausgangspunkt seiner Male-
rei ist entsprechend die ätherische Kunst von Puvis
de Chavannes mit ihren elysischen Hainen, in denen
seelenhaft körperlose Figuren bedeutungsvoll weilen
und wandeln. Doch statt grosser, bleicher Fresken
malter in seiner ersten Phase kleine, intensiv farbige
Bilder, «icônes sacrées, hermétiques, imposantes»,
die durch ihre Schönheit die profanen Dinge der Natur
erlösen, heiligen sollen: «L’art est la sanctification
de la nature.» Inhaltlich kreisen diese Ikonen um die
Inkarnation, die Versöhnung durch Christi Opfertod,
das Ostergeschehen, die Kommunion: um das Mys-
teriumderEinheitvonGottundMensch.Wieinder
Li turgie ist das Geschehen ins Symbolische übertra-
gen und findet seine Äquivalenzen in den zu Chi ffren
reduzierten Figuren, den landschaftlichen und a rchi-
tektonischen Elementen ebenso wie in den Farben und Formen. Der «Virginal printemps» mit seiner Allusion