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EIGNE GÖTTLICHKEIT
Gott ist kein himmlischer Automat, sondern die eigenste, innerste, geflissentlichste Freiwilligkeit,
eine Selbstanstrengung, damit das Innere nicht von seiner eignen Äußerung — und es ist nichts
als das sich Äußernde —, welche notwendigerweise differenziert ausfällt, beeinträchtigt werde,
sondern sich rein davon äußere. Daher die Möglichkeit der Pathologie Gottes selber, wenn man
aus diesem keinen Automaten, sondern Freiheit macht. Wer dürfte sich gehen lassen als allein
die kultivierteste Selbstsicherheit? Und was könnte sich so pathologisch gehen lassen als gerade
die allmächtige Freiheit? Es ist harmlos, Gott zu sein, aber nicht kindlich, sondern göttlich harmlos.
Allmacht ist keine Fatalität, sondern die Leistung aller Leistungen: Freier Wille, Selbst, Indivi-
duum. Freiheit, eigne Göttlichkeit hat sich daher der grenzenlosen Angst vor sich selber siegreich
zu erwehren, wenn die Welt, die Objektivation des Subjekts, keine Fratze werden soll. Der
innerste Wille, der das Schicksal erschafft, fürchtet sich nur allzu leicht und allzu menschlich vor
dem Schicksal. Auch die Angst vor sich selber soll der Schöpfer objektivieren lernen, damit ein
furchtloses Subjekt sich in der Welt widerspiegle,• die Welt ist nur der Spiegel des Subjekts. All
macht ist nicht etwa ohne Ohnmacht, sondern sie ist nichts als die Bezwingerin der Ohnmacht. So
ist Unabhängigkeit, Schicksallosigkeit nur die siegreiche Bezwingung des Schicksals: der Schöpfer,
der sein Geschöpf, seine eigne Äußerung, nicht, selber frei von ihr, beherrscht, wird von ihr be
herrscht, obgleich er tiefinnerlichst seine Überlegenheit innewird. Bis zu welchem Grade der Schöpfer
sich selber Geschöpf scheinen kann, das geht ins Unheimliche, ins Allzumenschliche,- das ist der
menschliche Tatbestand. Allmacht, die Rancune ihres Geschöpfs erleidend, von sich selber bis
zur Unmerklichkeit eingeschüchtert, vermenschlicht, ihrer Göttlichkeit selbstvergessen, braucht
Erinnerung, Gedächtnis, Philosophie, um ihre hilflose Überlegenheit tatkräftig wirksam zu machen
und den Menschen aus sich, aus dem innersten Selbstbewußtsein, zu evakuieren. Und erst der
exakt objektivierte Mensch wäre das gelungenste Geschöpf des Schöpfers. — Cave creaturam!
Wer den Menschen losgeworden ist, ihn objektiviert hat, in seine innerste Individualität zurück
gefunden hat, der weiß, daß dieses nihil commune positiver als die ganze Welt ist: daß diese sich
erst dann regieren läßt. Wer aber sein eigenes Inneres noch nicht neutralisiert hat, ist noch gar
kein Wer. Unaufhörlich aber empfindet er den kategorischen Imperativ, ein solches Wer aus sich
zu machen. Sein eigenes Subjekt, durch dicke Wände des Allzumenschlichen von sich selber ge
trennt, ruft mit erstickter Stimme nach Selbsterhörung. Hat man sich nun endlich selber gefunden,
so steht man am Beginn eines Kampfes, der für das Subjekt siegreich enden muß, wenn es sich
selber treu bleibt: eines Kampfes zwischen der echten, der aus der Willkür des Individuums auto
matisch hervorgehenden Objektivation, und der schiefen, aus dem noch nicht kompakten Subjekte
allzu menschlich erfolgenden. Die Verdrängung der falschen Welt durch die echte, gleich der Ver
drängung eines Alpdrucks durch die wache Wirklichkeit, wird vielleicht unendlich schwerer scheinen
als sie ist: vielleicht gerade unmittelbar vor dem Siege wird dieser unmöglich scheinen. Aber das
individuale Subjekt ist die Überraschung in eigner Person und muß einmal alle Welt überraschen,
wen es sich von aller Welt nicht abschrecken läßt, sich selber mit sich beständig zu überraschen.
Die sogenannte Todesfurcht ist vielmehr Lebensfurcht: es fehlt das integre, menschlich ganz und
gar unbeeinträchtigte Zutraun zu sich selber, d. h. also zum Leben,- denn eigentlich lebt nur das
Innerste,- der Rest ist Reflex. Das individuale Selbstvertraun aber kann man nur spontan sich
selber geben,- es ist unbeweisbar, weil es das Beweisende ist.
Zwischen Schöpfer und Geschöpf ist keine Relation, sondern alle Relation ist Geschöpf. Das
Nichts von aller Welt, aller Differenz, die Freiheit, der Wille, das Individuum, das ungeteilt
Innerste bedeutet gar nichts als seine eigne automatische Objektivation. Aber ohne willkürliche
individuale Subjektivation ist also die Welt noch gar nicht exakt objektiviert. Freiheit von allem
Müssen ist auch hinwiederum gar nichts anderes als die Freiheit zum Müssen. Subjektive Frei
heit bedeutet nichts als objektive Notwendigkeit: Wille nichts als Zwang zur Tat. Wille in dem