121
Aber auch nach der anderen Seite hin ist seine
Produktivität nicht eben g‘roß gewesen. Das mili
tärischste aller Fürstenhäuser zählt nur drei Feld
herrn von Bedeutung-: den alten Fritz, seinen Bruder
Heinrich (der nach Fontanes Ausspruch weder Leuthen
gewonnen noch Hochkirch verloren hätte) und den
Prinzen Friedrich Karl. (Der in seiner Art sym
pathische nachmalige Kaiser Friedrich war jeder stra
tegischen Fähigkeit bar.) Dazu kommt ein ebenso hoch-
begabter wie skrupelloser Diplomat (der „g-roße Kur
fürst“) und ein ausgezeichneter Verwalter, der ein
zige entschiedene Junkerfeind des Hauses, Friedrich
Wilhelm I., der schließlich nicht unter dem Gesichts
winkel des sadistischen Sonderlings und Haustyrannen
betrachtet werden darf. Dann noch die problematischen
Naturen des vierten Friedrich Wilhelm und des zwei
ten Wilhelm und die Reihe ist geschlossen. Was übrig
bleibt, ist Mittelmaß oder darunter. Für ein paar
Jahrhunderte und ein kinderreiches Geschlecht gerade
kein glänzendes Ergebnis.
Wenn das Haus Hohenzollern symbolisch für alles
das geworden ist, von dem die Menschheit sich zu
befreien trachtet, so liegt das nicht an den besonderen
guten oder schlechten Eigenschaften dieser im ganzen
ziemlich uninteressanten Familie, sondern an ihrer
historischen Stellung an der Spitze erst Preußens,
dann Deutschlands.
Bekanntlich hat Friedrich Naumann vor andert
halb Jahrzehnten ein Buch über „Demokratie und
Kaisertum“ geschrieben und darin die These auf-
gestellt, daß die Hohenzollern durchaus nicht mit
den Junkern zu identifizieren seien. In der Theorie
mag das stimmen. In der Praxis nicht. Seit einem
halben Jahrtausend sind Hohenzollern und Junker
auf Gedeih und Verderb verbunden. Der einzelne
Hohenzoller mag den einzelnen Quitzow (oder selbst
den einzelnen Bismarck) absägen: aber zu einer rein
lichen Scheidung zwischen Quitzows und Hohenzollern
ist es bisher nicht gekommen. Und heute sehen wir,
wie der zukünftige „Thronerbe“ sich mit dem Junker
tum solidarisiert, das sich in Hindenburg verkörpert.