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verschlungen haben. Und die staatsrechtliche Verant-
wortung für all das Gräßliche trägt er — mag auch
die tatsächliche Verantwortung auf einer anderen
Stelle lasten.
Gewiß — er ist der Diener seines Herrn gewesen.
Aber — wer zwang ihn, Diener zu sein und zu bleiben?
Er hatte zu leben, konnte in Hohenfinow Kohl bauen,
so wohlschmeckend, wie ihn weiland Diokletian in
Salona baute, konnte Kant lesen und (was seine senti
mentalen Apologeten als seine Lieblingsbeschäftigung
rühmen) Klavier spielen.
Was trieb ihn von Kohl, Kant und Klavier ins
Dornengestrüpp der Weltpolitik?
Tu l’as voulu, Georges Dandin! Du hast, o langer
Theobald, für Wilhelms II. Politik verantwortlich ge
zeichnet.
Also trag die Verantwortung — trage ihre Kiesen
last und murre nicht, wenn ein künftiger Dante dich
in die alleruntersten Schlünde der Hölle verdammt!
WOLFGANG HEINE
von Wehrwolf.
(Nummer 37 und 38, 18. und 22. August 1917.)
Längst war Wolf gang Heine als schneidiger und
mutvoller Verteidiger angeklagter Sozialdemokraten
bekannt, freilich auch schon als Rabulist gefürchtet,
als er im Jahre 1898 zum sozialdemokratischen Ab
geordneten ides dritten Berliner Wahlkreises gewählt
wurde, der, an Ausdehnung, wenn auch nicht an Be
völkerung der kleinste unter den sechs Stadt-Berliner
Reichstagswahlkreisen, die Gegend am Spittelmarkt
und Moritzplatz umfaßt.
Es war die Zeit, da der „Richtungsstreit“ die
deutsche Sozialdemokratie durchtobte. Von London
aus hatte Eduard Bernstein in kritischen Artikeln,
die zunächst in der „Neuen Zeit“, dann in den „Sozia
listischen Monatsheften“ erschienen, die Grundlage des
dogmatischen Marxismus erschüttert. Seine Anhänger