Freude, in Zürich, der Stadt seiner Wahl, ein langerwartetes
Echo zu finden, doch das Bedürfnis, noch dieses und jenes Bild-
motiv weiter zu entwickeln. Eine ganze Reihe von Gesichten
drängte zur Gestaltung oder zur Umgestaltung. Zudem war er
gerade damals voll beansprucht durch das dritte (letzte) große
Wandgemälde im Kreuzgang des Basler Staatsarchives, das wohl
das vollendetste, großartigste Werk des Meisters darstellt, und
dem er sich, unter Hintansetzung von Gesundheitsrücksichten,
mit äußerster geistiger Anspannung und Anstrengung der Kör-
perkräfte widmete, bis er fast nicht mehr konnte.
Der Mann mit den hageren Zügen, der hohen, ausdrucksvoll ge-
wölbten Stirn, der energisch gebogenen Nase, den weichen Lippen
und den nahe beieinanderliegenden leuchtenden Augen, die einen
aufmerksam anwesenden, dann wieder abwesenden, bescheide-
nen und trotzigen, gütigen und zornigen, zweiflerischen und
heftigen Ausdruck in kurzer Aufeinanderfolge aufweisen konn-
ten, holte sich dort die Keime seiner Krankheit. Im kalten
Kreuzgang erkletterte der Achtundsechziger mit zunehmender
Müdigkeit das primitive Gerüst und malte das Sinnbild der
Ruhe. Wie Blöcke aus Stein und Erde verschmelzen wohlgeord-
net die Wanderer im Scheine des Vollmonds mit dunklem Bo-
den: Dürstende, Ruhende, Ergebene, Sinnende, Träumende;
nach dem Aufruhr des ersten Teiles seiner Fresken, nach dem
immer noch heftig bewegten tröstlichen Hinweis des zweiten,
der richtige, reife Ausklang. Ruhe.
Noch blieb er unentwegt von seiner Arbeit besessen. Zurück-
gekehrt in sein Zürcher Atelier an der Böcklinstraße, schuf er,
im Hinblick auf die Zürcher Ausstellung, eine Anzahl neuer
Kompositionen in rascher Folge, beispielsweise eine neue Fas-
sung des mit anderer „entarteter“ Kunst in Deutschland zu-
grunde- oder verlorengegangenen „Fluchs‘; einen „Daniel in
der Löwengrube‘“, der manche Metamorphosen durchgemacht