Aus dem afrikanischen Tagebuch, Herbst 1936
MARNIA, 21. Sept.
Mein Paß kommt morgen früh zurück. Seitdem ich
weiß, daß alles wieder in Ordnung kommt, bin ich wieder
gesund geworden in meinem Geist. Die Ungewißheit
eines homme sans papier und die Polizeier dazu machten
mich fast krank. Nun habe ich gestern nachmittag auch
gesehn, daß ich dem Ort hier schweres: Unrecht. getan
hatte. Ich hatte ein Vorurteil gegen ihn schon von meiner
letzten Reise her und war unglücklich, daß ich gerade in
solcher Gegend warten sollte. Die von einer schlimmen
Pseudo-Zivilisation vermanschte Bevölkerung war mir un-
sympathisch, das künstliche, palmenumsäumte Boulevard
kam mir lächerlich vor — ein protziges Denkmal sitzt
darin wie ein Geschwür — und das kriegerische Getue
und Getrommel vom Morgen bis am Abend gab mir voll-
ends auf die Nerven. Ich hielt mich erst streng an den
Befehl, den Ort nicht zu verlassen. Am dritten Tage aber
hielt ich’s nicht mehr aus. Und da erlebte ich, wie falsch
es ist, .auf Grund einiger oberflächlicher Eindrücke über
ein Ganzes urteilen. zu wollen. Kaum hat man nur zehn:
Minuten lang dieser militärischen Kulisse den Rücken
gekehrt, so ist sie hinter einem versunken wie ein böser
Traum. Man spaziert vier Meter hohen Kaktushecken
entlang, kommt zu Nomadenzelten,. die grau sind wie
unsere Wespenhäuser, wird freundlich gegrüßt von
phantastischen Gestalten, die zu Fuß oder zu Pferd über
neapelgelbe oder englischrote Hügel herunterkommen.
Kinder spielen, lachen, weinen, eine Frau sagt ihrem
Manne-alle Gottschande — wie vertraut und heimelig das
alles klingt. Struppige Ziegen schnuppern herum und die
Sn.