Wie 1855 für die Kunstabteilung der ersten Weltausstellung in Paris
von seinen angemeldeten Arbeiten wohl elf, nicht aber dazu das noch
eingereichte „Enterrement ä Ornans‘ und das eben fertig gestellte
„Atelier“ angenommen werden, so setzt er vor die Weltausstellung
in einem besonders aufgerichteten Zelt eine Ausstellung Courbet
mit dem Titel „Le Realisme‘; sie soll für all den alten Plunder und
das Gerümpel, das über die moderne Kunst sich breitet, zum end-
gültigen Begräbnis werden. Der Katalog nennt 40 Bilder mit den
Jahrzahlen 1841 bis 1855, darunter die meisten Hauptwerke; Courbet
trägt Sorge, auf die elf Bilder im Palais des Beaux-Arts der Welt-
ausstellung hinzuweisen und auf den „Abendsitz in Ornans“, der vom
Museum in Lille nicht erhältlich gewesen sei. Wieder beschäftigen
sich die besten, und andere Geister mit der an sich gewiß gewichtigen
Kundgebung des noch nicht vierzigjährigen Malers, dem nicht mehr
auszuweichen ist. Seine Erwartungen auf Massenbesuch und Kassen-
erfolg werden freilich enttäuscht. Trotzdem wiederholt er zur nächsten
Weltausstellung von 1867 das Unternehmen, nun zum voraus geplant,
nicht mehr als Improvisation in der Verstimmung über erlittenes Un-
recht oder Mißgeschick; jetzt mit Aufwendung von 50 0ooo Franken
gegen ı2 000 beim erstenmal. Die große Halle in Holzgerüstung, nahe
dem Pont de l’Alma und der Seine, ist ihm „eine Kathedrale für seine
Kunst am schönsten Platz Europas‘. Die Werke teilt er ein nach ihrer
Bedeutung: 18 Tableaux, 27 Paysages, 7 Paysages de neige, 23 Pay-
sages de mer, 35 Portraits, 4 Tableaux de fleurs, 3 Zeichnungen,
z Skulpturen; dazu, weil der Raum die gleichzeitige Ausstellung aller
Arbeiten nicht erlaubt, 21 weitere Bilder, fast alles Landschaften, die
während der Dauer der Ausstellung mit andern ausgetauscht werden,
im ganzen 136 Nummern,
Gegenüber der Sonderausstellung von 1855 ist der Anblick viel
mannigfaltiger, die neuen, in der Zwischenzeit entstandenen Bilder
überwiegen. Courbet hat sein Blickfeld und Arbeitsfeld nochmals
vergrößert. Die Bilder von der Creuse und aus Frankfurt sind ein-
bezogen; im Spätherbst 1859 hat er in Salins gemalt, 1862/63 beinahe
ein Jahr in Saintes an der Charente in der Umgebung seiner neuen
Freunde Baudry und Castagnary; dann läßt er aus Paris ein blendend
schönes junges Modell nach Ornans kommen und arbeitet an „Venus
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