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Verhältnisse entsprechen ungefähr denen der Sixtina.
Es wurde auf festem Leinendamast ohne Nähte gemalt.
Spezialkenner wollen die Herstellung des Damastes
auf Anfang des 16. Jahrhunderts oder früher fest
setzen. Die Dresdener Madonna ist dagegen auf grober
Leinwand mit zwei schiefen Nähten, d. h. auf drei
verschiedeuen Teilen gemalt, während kein anderes
echtes Bild von Raphael anders als auf eine m
Stück gemalt ist.
Wie die meisten Werke des großen Urbinaten hatten
die beiden in Frage stehenden Bilder den Uebelstand
gemein, daß sie sich in defektem Zustand befunden und
durch Uebermalungen sehr gelitten hatten. Bekanntlich
erfolgte die Restauration der Dresdener Madonna im
Jahre 1827 durch den italienischen Maler Palmaroli.
Kaspar Badrutt stützt sich auf eine Reihe von Be
weisen für die Echtheit seiner Assomptione, welche von
Dresdenern und anderen Kunstgelehrten bestritten
wird. Immerhin sind auch sie nicht in der Lage histori
sche Daten für die Echtheit ihres Werkes zu erbringen.
Es fehlt z. B. jeder Nachweis, wo die Sixtina vom
Tode Raphaels 1520 bis zur Einweihung der Kloster
kirche in Piacenza im Jahre 1544 gewesen sei.
Badrutt erklärt: „Ich bin bereit, noch weitere Be
weise anzutreten, daß die Sixtinische Madonna ein Gero-
lamo da Carpi sein möchte und seine Madonna das
Original. Ich meine den Hauptbeweis in Kunstsacheu:
„die Kunstwerke selbst."
Aus diesem Grunde ist er wiederholt an die Direk
tion der Dresdener Galerie mit dem Vorschlage gelangt,
es möchte eine öffentliche längere Gegenüberstellung der
beiden Bilder bewilligt werden, damit einer größeren
Zahl von Kunstverständigen und Verehrern Raphaels
Gelegenheit geboten werde, die beiden Werke mit Muße
zu betrachten. Hiebei hätte Badrutt verlangt, daß die
Bilder untersucht werden auf die Komposition und innere
Vergeistigung der Personen, auf korrekte Zeichnung der