Tristan Tzara, Dada 3, 1918

Mit der dritten Nummer, die im Dezember 1918 erschien, wechselte die Zeitschrift Dada ihren Auftritt. Sie war nun grösser im Format und gegenüber den klassisch gesetzten Dada 1 (Juli 1917) und Dada 2 (Dezember 1917) typographisch ausgesprochen experimentell: Zeilen erscheinen auch diagonal und ganze Texte quer, der Titel behauptet sich modern plakativ, Wort und Bild stehen in freierem Spiel. Inzwischen war die Zusammenarbeit mit dem Drucker Wilhelm Julius Heuberger (1888 – 1965), aus dessen kleiner Druckerei alle Dada-Publikationen stammten, erprobt. Die Abstände zwischen den einzelnen Ausgaben blieben unregelmässig. «Comme nous n’avons que très peu de moyens, notre publication paraît assez rarement» (Tristan Tzara). Im Falle von Dada 3 verzögerte sich die Herausgabe zusätzlich, weil der Kommunist Heuberger vor Ausbruch des Generalstreiks präventiv verhaftet wurde. Dada 4-5 erschien im Mai 1919, die Nummern 6, 7 und 8 wurden nach Tzaras Umzug ab 1920 in Paris verlegt.

Die dritte Ausgabe der Zeitschrift trug eindeutig die Handschrift von Tzara. Auf der Frontseite setzte er sich demonstrativ als «Directeur» zwischen den Holzschnitt seines Weggefährten Marcel Janco und ein angebliches Zitat des Rationalisten René Descartes (1596 – 1650). Dieses kann in seinem radikalen Schnitt mit der Vergangenheit als Motto für Dada gelten. Es verweist auf die Tabula rasa im Manifeste Dada 1918, das Tzara der Zeitschrift auf den Seiten 1 bis 3 wie einen Fanfarenstoss voranstellte. Das Manifest sorgte in der Pariser Avantgarde für grosses Aufsehen; geradezu demonstrativ scharten sich André Breton und seine Freunde auf einem Foto um die infizierende Dada 3. Zahlreiche internationale Beiträge belegen Tzaras erfolgreiche Tätigkeit als Akquisiteur. Markant sind die vielen in die Zeitschrift eingestreuten Holzschnitte, neu auch von Hans Richter, mit einer Vielzahl von Dada-Köpfen (zwei davon nur in der deutschen Ausgabe). Bemerkbar macht sich der Schweizer Aufenthalt von Francis Picabia, zu dem Tzara den Kontakt suchte. Beide widmeten dem im November 1918 verstorbenen Guillaume Apollinaire emphatische Nachrufe.

Auflage: Gemäss Angaben von Tristan Tzara 2000 Expl. (Tzara an Francis Picabia, 7. 9. 1918). Zeitungspapier, in den meisten Exemplaren die Seiten 6 bis 12 auf graugrünlichem, etwas dickerem Papier (sFr. 1.50). Von Dada 3 wurde eine Luxusausgabe von ca. 20 nummerierten Exemplaren in Karton-Umschlag mit schablonierter Gouache-Komposition in brauner Temperafarbe auf gelb bemaltem Grund von Hans Arp publiziert. Sie enthält je einen signierten Original-Holzschnitt auf Bütten von Arp und Christian Schad (sFr. 20.-). In der französischen Ausgabe wurden alle deutschen Texte (von Ferdinand Hardekopf, Jakob van Hoddis, Richard Huelsenbeck) durch französische und italienische ersetzt, um staatlicher französischer Zensur vorzubeugen. Im Kunsthaus Zürich befindet sich ebenfalls die französische Ausgabe mit eigenhändig koloriertem Holzschnitt von Marcel Janco. Ebenso der Karton-Umschlag der Luxusausgabe mit schablonierter Gouache-Komposition von Hans Arp. Provenienz: Dada 3 wurde 1968 in der Auktion «Teile der Bibliothek und Sammlung Tristan Tzara (Kornfeld und Klipstein, Dokumentations-Bibliothek III, Bern)» vom Kunsthaus erworben.


→ Marcel Janco, Plakat zur Soirée Tristan Tzara im Zunfthaus zur Meisen, DADA V:47
391, Numéro 8, DADA III:31:8
→ Hans Richter, Dada-Kopf, Z.Inv. 1977/64