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Seltsam, man weiß mitunter nicht, wie ich eigentlich heiße. Zürich,
Dann kommen Beamte und erkundigen sich. Schon in Berlin ^
begann man, meinen wahren Namen für ein Pseudonym zu halten,
sogar unter meinen Freunden. „Wie heißt Du eigentlich?“, fragte
mich einmal H. Man wollte nicht glauben, daß einer so un
bekümmert direkt sein könne, ohne sein Ich vorher entsprechend
salviert und verwahrt zu haben.
*
L. R. ist auch da. Soeben angekommen, traf ich ihn mit seiner
Frau beim Cafe Terrasse. Die Linden dufteten und das Hotel
war eine beleuchtete Burg. Wir werden vielleicht Freunde sein.
Eine einzige Frühlingsnacht löst die Menschen tiefer als eine
ganze Literatur. Leider kann man die Frühlingsnacht nicht be
liebig reproduzieren.
Die Stadt ist schön. Der Limmatkai besonders gefällt mir.
Ich kann diesen Kai vielmals auf und abgehen, und immer wieder
wird er mir gefallen.. Die Möwen sind nicht künstlich oder aus
gestopft, sie fliegen wirklich, mitten in der Stadt. Die großen
Ziffernblätter der Turmuhren am Wasser, die Schifflände mit
ihren grüngestrichenen Fenstern —: das alles ist schön und ge
diegen. Echt ist es. Gleichgültig, ob ich hier bleiben werde oder
nicht. Hier muß es noch Menschen geben, die Zeit haben, die
noch nicht ,zwangsläufig' sind; die nicht aus Papier und aus
Wind gemacht, die Konjunktur mit dem Leben, und ihre In
teressen mit dem Schicksal verwechseln. Die Atmosphäre genügt