Volltext: Die Flucht aus der Zeit

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Die Kulisse. 
mir; ich brauche keinen Austausch, keine direkte Berührung. 
Ich kann mich hier heimisch fühlen so gut wie die alte Turmuhr 
und wie ein geborener Schweizer. 
* 
VI. Brupbacher sprach über Rußland vor etwa fünfzig bis sechzig 
Emigranten. Der Vortrag wurde bei der Diskussion einstimmig 
abgelehnt. Man bezeichnete ihn als romantisch. B. habe das 
bäuerisch-vorökonomische, phantastische Rußland gesehen und 
erblicke in dem Gegensatz dieses Rußlands zum amerikanisierten 
Westen das Heil. Seine Perspektive sei primitiv und kindlich. 
So sehe ein Pennäler die russischen Dinge; ohne den syste 
matischen, intellektualen Griff. — Es schien mir nicht unsym 
pathisch, daß man an seinem Plauderton Anstoß nahm. Wenn 
ein Mann seiner Bedeutung eine so weite Reise unternimmt, 
muß er andere Dinge sehen, als einen verträumten Dorf 
schulzen und eine zweifelhafte Dame der Gesellschaft, die 
Reiseabenteuer sucht. Das ist, als wolle einer durch Pommern 
reisen und über Deutschland sprechen. Er vergaß das Publikum, 
vor dem er stand; Leute, die im Traum am Galgen hängen und 
Füssiladen erleiden. Sein Vortrag mußte, vor Exilanten gehalten, 
in hohem Grade befremden. Die Russen waren im Recht, ihn 
abzulehnen. Sie taten dies ausnahmslos in bestimmter, aber 
liebenswürdiger Form. Eine andere Frage ist, wie man über ihre 
Überzeugung denken mag. Sie sind durchweg Marxisten, also das 
Gegenteil von Romantikern. Dies eine wenigstens hat der Abend 
in aller Klarheit ergeben. 
Als eingefleischte Marxisten sind die neuen Russen germano- 
phil. Da die ganze Emigration so denkt und bedeutende In 
telligenzen an ihrer Spitze stehen, wird man sich auf ein ver 
schlagen kalkulierendes Rußland gefaßt machen müssen.
	        
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