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as Mittelalter lebte rational und logisch, ging von
einem Bestimmten aus und kam zu einem Be
stimmten: von Gott zu Gott. Es gab ein Ge
meinsames, Vereinigendes: den Glauben und die
Doktrin. Die Menschen waren Ln einer Gemein
schaft verbunden. Unsere Zeit lebt besten Falles
poetisterend und allogisch, geht von Nichts aus,
um zu Nichts zu kommen: von Meinung zu Meinung. Denn es
gibt kein Gemeinsames, sondern nur Trennendes: Meinungen und
Vorurteile. Die heutigen Menschen sind in einer Gesellschaft ge
trennt. Heutige Meinungen sind taub gegeneinander und schweigen
sich tot: das nennt man Würde. Oder sie sind taub gegeneinander
und schreien sich an: das nennt man Polemik. Das einzige Wichtige
für eine Meinung ist eine gegnerische Meinung; ihre Existenzen
bedingen einander; jede wünscht der andern längstes -Leben um ihres
eigenen Lebens willen. Diesen um seiner selbst willen geführten Streit
der Meinungen nennt man wissenschaftlich Evolution. Man hat
sich zwar auf kein Gegenwärtiges nicht nur nicht geeinigt, sondern
erklärt, daß es ein Gegenwärtiges überhaupt nicht gebe, ist aber
trotzdem überzeugt, daß sich daraus was für die Zukunft ergeben
würde. Angst vor der Vergangenheit, die wie das böse Gewissen
quält, Schauder vor der Gegenwart: die beiden hetzen in die Hoffnung
auf die Zukunft, in die zu evoluieren man als einzigen Sinn gegen
wärtigen Lebens anspricht. In den Begriff der Evolution schließt
sich der naturwissenschaftliche und falsche Begriff der Anpassung,
dem alle, die vom Bösen dieser Zeit existieren, mit Eifer anhangen.
Der natürlichen Entwicklung gelang es, sagen unsere Evolutionisten,
die Blindschleiche durch Anpassung zu entwickeln; der sozialen Evo
lution wird es gelingen, daß sich der Minengraber an die Nacht
der Rohlen „anpaßt" wie sich der Plutokrat an die Börse angepaßt
hat, wie sich der Perlenfischer an die Tiefste angepaßt hat und zum
Tiefseetier werden wird. Der moderne „Triumph des Geistes über
die Materie" besteht darin, daß der Mensch die ihn an die Materie
anpassendsten Fähigkeiten entwickelt hat und weiter entwickeln soll;
mit dem Geist unterjocht der heutige Mensch seinen Geist; denn