CHRISTO : « VALLEY CURTAIN», PROJEKT FÜR RIFLE, COLORADO, 1972
Der 1935 in Bulgarien geborene und heute in New York lebende Christo
Javacheff, kurz Christo genannt, wurde im Zusammenhang mit dem
Nouveau Realisme durch seine Verpackungen banaler Alltagsgegen-
stände, wie Flaschen, Stühle, Tische usw., bekannt. In der Folge dehnte
er seine Aktivität auf Grossprojekte in urbaner Umgebung und Land-
schaft aus. Der Valley Curtain ist wohl sein bekanntestes und am meisten
publiziertes Werk. Man erinnert sich: ein orange Vorhang aus Nylon-
Polyamid mit einer Fläche von 20 000 Quadratmetern überspannte 1972
das Tal in Rifle, Colorado (USA), in einer Breite von rund 400 Metern.
Ursprünglich für 30 Tage geplant, musste der Vorhang wegen eines hefti-
gen Sturmes bereits nach 28 Stunden vorzeitig wieder eingezogen werden.
Zu der grossformatigen Zeichnung des in leuchtendem Orange sich blä-
henden Vorhanges gehören eine Farbphoto des ausgeführten Projektes
und ein Vermessungsplan des Tales von Rifle. Das ist bezeichnend für
Christos künstlerisches Selbstverständnis. Seine Zeichnungen sind nicht
isoliert zu sehen; sie entstehen im Hinblick auf die Realisierung eines
Vorhabens. Sie gehen der Ausführung wie Studienblätter voraus und be-
legen ihre einzelnen Entwicklungsstufen. Das Werk selbst besteht für
Christo nicht nur aus dem fertigen Objekt, sondern umfasst den gesamten
Entstehungsprozess. Alle Vorbereitungsarbeiten — und damit auch die
Zeichnungen und Pläne — sind integrierende Bestandteile.
Der Vorhang führt nach links in starker Verkürzung in die Bildtiefe. Er
schmiegt sich in die Talmulde ein und verbindet sich dem Felsen und der
Landschaft. Darin offenbart sich ein für Christo wesentliches Anliegen:
nicht nur das Werk selbst, sondern ebenso seine Beziehung zu dem um-
gebenden Wirklichkeitsraum sind ihm wichtig. Auf der rechten Seite
kommt der Vorhang dem Beschauer in seiner ganzen Mächtigkeit ent-
gegen und sprengt mit seiner Monumentalität das Bildformat: in seiner
oben und unten beschnittenen Form nimmt er mehr als die Hälfte des
Blattes ein. Seine orangefarbene Masse ist durch Falten strukturiert, wel-