«ausserhalb von Geschichte und Stil» stehe,
während wir sie eher als geschichtliche
Erscheinung Innerhalb bestimmter Epochen
verstanden wissen möchten. Diese Ver-
schiedenheit in den Auffassungen führte dazu,
dass sich die Ausstellung in Zürich durch
Auswahl und Anordnung beträchtlich von der
in München unterschied; vor allem darin,
dass in Zürich den «klassischen» Naiven und
Adolf Dietrich mehr Gewicht gegeben,
manches andere ausgeschieden wurde. Eine
Gegenüberstellung von Werken naiver
Künstler mit solchen von anderen Malern
sollte zeigen, wie schwierig es ist, eine Grenze
zwischen naiver Kunst und Kunst schlecht-
hin zu ziehen.
Bei dem Interesse, das heute der naiven
Malerei entgegengebracht wird, versteht es
sich fast von selbst, dass die Ausstellung
eine grosse Zahl von Besuchern anzog.
Die zweite Hauptausstellung galt einem
Künstler der Gegenwart, dem in Paris
arbeitenden Belgier Pierre Alechinsky. Ob-
gleich der noch nicht 50jährige Maler
schon früh bekannt wurde, ist man in der
Schweiz bis jetzt seinem Schaffen nicht häufig
begegnet, vor allem nicht in einer grösseren
zusammenfassenden Ausstellung. So nahmen
wir die Gelegenheit wahr, eine für die
Niederlande und Paris zusammengestellte
Ausstellung im Kunsthaus zu zeigen, ist doch
Alechinsky ein Künstler besonderer Prägung
und von ausgesprochener Eigenart, der
sich nicht ohne weiteres einordnen lässt. Auf
der einen Seite ein höchst einfallsreicher
Graphiker, hat er zugleich eine ausgespro-
chen malerische Begabung; so dass beide
Schaffensgebiete sich bei ihm gegenseitig
befruchten und durchdringen. Seine
Bilder sind sehr freie und beweate Nieder-
schriften, fast im Sinne des «action painting».
in denen sich Naturbeobachtung mit einer
sehr persönlichen Welt der Phantasie
verbindet, ohne dass sich deswegen die
Bilder im Illustrativen verfestigen würden.
Die Ausstellung fand zwar Beachtung bei der
Presse und gewann dem Künstler neue
Freunde, sie vermochte aber leider nicht in die
Breite zu wirken, vielleicht deswegen,
weil das Werk Alechinskys nicht leicht ein-
zuordnen und zu fassen ist. Uns selbst hat
die Ausstellung sehr befriedigt, und sie
hat darüber hinaus — wie das immer wieder
einmal der Fall gewesen ist — für unsere
Sammlung Frucht getragen. Die Vereinigung
Zürcher Kunstfreunde hat nämlich in ihrer
Generalversammlung vom 23. Oktober ein
bedeutendes Werk Alechinskys für unsere
Sammlung erworben, so dass das Kunsthaus
das erste Museum in der Schweiz ist, das
ein Werk des Künstlers besitzt.
Grossen Zuspruchs erfreute sich die Aus-
stellung von Alexander Calder, von der schon
am Anfang dieses Jahresberichtes die
Rede war. Es handelte sich um eine Retro-
spektive, die von Professor Maurice Besset
mit kluger Sachkenntnis zusammengestellt
und aufgebaut wurde und den Weg des
Künstlers von tastenden Anfängen über die
phantasievollen Drahtplastiken zu den
grossen Mobiles und Stabiles in eindrucks-
voller Weise aufzeigte. Zur Anziehungskraft der
Schau trug sicher bei, dass der Platz vor
dem Kunsthaus ein ganz neues Gesicht
gewann durch die Aufstellung von drei grossen
Eisenplastiken, über denen ein Mobile
schwebte.
Die übrigen Ausstellungen des Jahres galten
alle der Schweizer Kunst. Unser Beitrag
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