VERANSTALTUNGEN
MUSEUMSPÄDAGOGIK
1993 stand für die Schweizerischen Museumspädagogen
und -pädagoginnen in «Feuer und Flamme»: Unter diesem
Motto wurde die Vermittlungsarbeit an Museen der
verschiedensten Typen einer breiteren Öffentlichkeit
vorgestellt. Höllenfeuer und Schwarzer Fleck (Nelkenmeister
und Kandinsky); Fewerzauber und Farbentanz (Canaletto,
Monet, Pollock); Wasser, Feuer, Erde, Luft (Segantini und
Warhol) — diese Angebote richtete die Pädagogik des
Kunsthauses im Rahmen der Kampagne an die Unter-,
Mittel-, Oberstufe der Schulen und an Erwachsene. Die
Aktion wurde aber auch Anlass zur Hinterfragung der
eigenen Methoden: Ein Kunstmuseum ist nicht Ort des
vordergündigen Feuers. Es flackert in der Begegnung mit
Bildern und Plastiken in verschiedensten Ausformungen
auf; direkt sichtbar und doch als übertragene Vorstellung
im «Höllensturz» des Nelkenmeisters, im metaphorischen
Sinn der feurigen Energie eines Pollock, als Teilaspekt der
Suche nach einer allesumfassenden Harmonie in Segan-
tinis Gang zu den Elementen. Ein übergeordnetes Thema
kann in der Begegnung mit künstlerischem Schaffen
immer nur ein inhaltlicher Teilaspekt sein. Es darf nicht als
Vorgegebenes im Zentrum der Arbeit stehen, den Blick-
winkel der Betrachter einengen und die Bedeutungsdichte
der Kunstwerke eindimensional werden lassen.
Ein Kunstmuseum ist aber auch nicht der Ort, an dem
der Besucher einfach die Flamme entfachen kann und so
das Feuer erlebt. Pädagogisch erarbeitete Begegnungen mit
künstlerischem Schaffen öffnen die Werke auf die intellek-
tuellen, emotionalen und imaginativen Fähigkeiten und
auf die Lebenserfahrung der Besucher und Besucherinnen
hin. Neben der Beteiligung an der Kampagne «Feuer und
Flamme» wurde der pädagogische Alltag am Kunsthaus
durch mehr als 330 weitere Veranstaltungen geprägt. Die
Arbeit mit Klassen aller Schultypen, Workshops für
Kinder, Erwachsene, Senioren, bestimmte Berufsgruppen,
Kurse für die Volkshochschule und Fortbildungen für
Lehrerinnen und Lehrer, Seminaristinnen und Seminari-
sten konfrontierten die VermittlerInnen immer wieder mit
unterschiedlichsten Bedürfnissen. Übergeordnetes Ziel
blieb der aktive themen- und gruppenorientierte Prozess
vor bewusst ausgewählten Werken.
Es ist bezeichnend, dass sich die Pädagogik an Kunst-
museen zwar früh herausbildete, sich aber in den
Anfängen vor allem an Kindern orientierte. Ungebro-
chene Entdeckerfreude, spontane Reaktionsfähigkeit und
ein vitales Verhältnis zu eigenen Fähigkeiten erlauben eine
breitgefächerte Auseinandersetzung. Schon bei Jugend-
lichen kann es schwierig sein, Kontrapunkte zum
gewohnten Lernverhalten des Schulalltages zu setzen, und
auch Erwachsene bringen oft ganz spezifische Verhaltens-
formen mit. Betätigt ein Besucher im Historischen
Museum mit Neugier den Blasbalg einer Esse oder teilt
ohne grosse Widerstände Erfahrungen und Wissen zu
einer alten Öllampe mit, so begegnet er dem Bild oft mit
unsicherem Schweigen oder reagiert auf Bleistift und
Pinsel mit Unbehagen.
Pädagogik, die sich am Publikum orientiert, muss
diesen Tatsachen Rechnung tragen, viel Zeit einsetzen und
in kursartigen Veranstaltungen auf Ungewohntes hinar-
beiten, in kurzen zweistündigen Führungen die Angebote
zur Eigenaktivität in Form geeigneter Hilfsmittel und Frei-
räume zwar aufrecht halten, sich hin und wieder aber mit
einem leisen Flackern zufrieden geben. Es kann ja nicht
darum gehen, die Erwartungen der Besucher so stark ın
Frage zu stellen, dass ihr eigenes Feuer erlischt.
HRW