Volltext: Jahresbericht 1994 (1994)

AUSSTELLUNGEN IM ERDGESCHOSS 
GSMBA. Louis Conne, Maria Török, Balz Kloeti 
Über die Generationen hinweg zeigte die Sektionsausstel- 
lung der GSMBA Zürich unter der Formel «3 Räume - 3 
Künstler» das Werk von Louis Conne (1905), Maria Török 
(1907) und Balz Kloeti (1954). Während Conne als Stu- 
dienkollege von Alberto Giacometti an der Grande Chau- 
miere ein wichtiger, wenn auch zu wenig ausgestellter Pla- 
stiker und Radierer der Schweizer Moderne ist, kam Maria 
Török, eine Autodidaktin, von der Musik zur Zeichnung, 
die sie fern vom Kunstbetrieb in einer Art häuslicher 
Obsession betrieb. Ob Figur wie bei Conne oder Figurine 
wie bei Török, das Thema des gefährdeten und verletzli- 
chen Menschen im unbestimmten Raum und dessen 
«Rettung» in die Poesie und Mythologie ist sowohl in der 
intimen atelierhaften Inszenierung Connes wie der wand- 
füllenden Präsentation bei Török als sinnliche Metapher 
spürbar geworden. In diesen Kreis fügten sich die Kör- 
perfragmente des jungen Balz Kloeti, auch wenn seine 
Objekte aus «billigem» Material sind, mit jener Selbstver- 
ständlichkeit, welche die Grenzen zwischen alt und jung 
gleichsam im Kontinuum der Kunst überwindet 
GM 
Endstation Sehnsucht 
Janine Antoni, Sadie Benning, Sophie Calle, Sylvie Fleury, Julio 
Galan, Gabriel Orozco, Raymond Pettibon, Ugo Rondinone 
Die Besucher betraten die Ausstellung über eine kleine 
Treppe, die sie direkt auf einen Laufsteg führte, um so das 
Thema des Ausgestelltwerdens auf überraschende Weise 
am eigenen Körper zu erfahren. Es war Sylvie Fleury, die 
diesen ersten, im übrigen mit beschwörenden Parfum- 
Namen bunt bemalten Raum gestaltete. 
In «Endstation Sehnsucht», in der sich acht Künstler 
der jüngeren Generation zusammenfanden, standen 
Wunschvorstellungen der «überpersönlichen» Art im 
Zentrum der Ausstellung. Dass dies auch als das Museum 
entgrenzende Forscherarbeit aufgefasst werden kann, 
bewies die aus den Bahamas stammende Künstlerin 
Janine Antoni, die in den ersten 10 Tagen der Ausstellung 
im Museum schlief - in ihrem aus einem Bett, einer 
REM-Maschine und einem Webstuhl bestehenden Werk 
«Slumber» - und während des Tages ihre in REM-Werten 
erfassten Träume webte. 
Zur Ausstellung erschien ein 80seitiger Katalog mit 
Gedichten von Thomas Kling. 
BC 
Ferdinand Gehr 
Das Ereignis waren vielleicht gar nicht so sehr die religiö- 
sen Temperabilder und Landschaften im ersten Raum, die 
Blumenaquarelle und Farbholzschnitte hinten und auch 
nicht der enorme Publikumszuspruch und sensationelle 
Postkartenverkauf, das Ereignis war wohl die Gegenwart 
des 98jährigen Künstlers an der Eröffnung. Dass bei sei- 
ner Ankunft in der Ausstellung spontan eine eigentliche 
Ovation losbrach, kann wohl nur mit dem seltenen 
Umstand erklärt werden, einem so erstaunlichen Men- 
schen und Künstler noch einmal zu begegnen. Erstaun- 
lich, weil Ferdinand Gehr noch jeden Tag ins Atelier geht 
und noch’‘im letzten Winter das auf sparsamste Farb- 
flächen reduzierte Bild «Maria Empfängnis» geschaffen 
hat, erstaunlich auch als Künstlerlegende ausserhalb von 
Kunstbetrieb und Kommerz, mit einer grossen Ausstrah- 
'ung, einem Publikum und Sammlern, die ihn geradezu 
verehren. Als Kirchenmaler eine öffentliche und lange 
Zeit umstrittene Reformfigur, zählt auch sein «freies» 
Werk, das in den letzten Jahren sich fruchtbar vermehrte, 
zu den eigenständigen Leistungen der Schweizer Moder- 
ne. Seinen Stil und seine Botschaft, die ganz aus der Farbe 
leben, hatte Gehr allerdings schon in den dreissiger Jah- 
ren gefunden. Diese kleinen Freskotafeln, wie den Hugo 
Ball gewidmeten Dämonenfries (1937), hatte er für sich 
behalten und während Jahrzehnten nie öffentlich gezeigt: 
als sein künstlerisches Reservat, in dem der Eros eine 
Triebkraft war und aus der sein Lebensthema der «Mensch- 
werdung» hervorging in einer einzigartigen Symbiose von 
profaner Erfahrung und sakraler Spiritualität. 
GM
	        
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