Volltext: Jahresbericht 2002 (2002)

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Alfred Sisley (1830–1899), der von e nglischen Vorfah- 
ren abstammte, gehört zusa mmen mit Camille Pis sar- 
ro und Cl aude Monet zur ersten Generation der 
Impressionisten, die ab 1873 für einige Jahre eng 
zusa mmen arbeite ten und ausstellten. Sisleys Kunst 
ist ein fester Be s tandteil des Impr es sionis mus zwi- 
schen 1870 und der J ahrhundertwen d e und fehlt in 
keiner der grossen europäischen und amerikanischen 
Sammlungen. 
«La route», 1885, ist das hochherzige V ermächtnis 
von Marguerite Abraham an das Kunsthaus, ein ausser- 
gew öhnlich grosses, eindrucksvolles Bild aus der rei- 
fen Zeit Sisleys. Die Bilder der achtziger Jahre sind in 
einem Gebiet mit r eicher V eget ation am Zusam men- 
fluss von Seine und Loing entstanden. Hier handelt es 
sich um ein eher ungewöhnliches Sujet mit einem 
ganz in üppiges Grün gebette ten F eldwe g, auf dem ein 
Bauer im charakteristischen Kittel und mit der Hacke 
über der Schulte r zu sehen ist. Die F arben sind locker 
aufgetragen, in rasch gesetzten Pinselstrichen und 
einem Spektrum an Grün und Brauntöne n, wobei die 
dunkleren P artien in t ypischer M anier in tief en Blau- 
schattierungen a usgeführt sind, die den koloristischen 
Reiz der Kompos i tion bes timmen. Die genuin impres- 
sionis tischen Qualitäte n entfalten sich in der maleri- 
schen Gestaltung des Himmels, die das vibrierende 
Licht und die frische Atmosphäre eines So mmermor- 
gens unvergleichlich erfasst. Das Bild ist ungew öhn- 
lich gross; solche Formate verw endete Sisley erst in 
den neunziger Jahren häufiger . Wie viele impressionis- 
tische Bilder war auch dieses zunächs t im Be sitz der 
Galerie von Paul Durand-Rue l in P aris, der sich rastlos 
für die jungen Künstler einsetzte, leider nicht immer 
ALFRED SISLEY teten Phase in von Holsts Schaffen, in der neben unse- 
rer Neuerwerbung auch seine Illustrationen des 
R omans «F rankenstein» von Mary Shell ey e ntst anden. 
Als von Holst 1844 an Leberversagen s tarb, err egten 
sein früher Tod und ein spektakuläres Begräbnis gros- 
ses Aufse hen, und William Scott kolportierte, sein 
unzeitiger Abgang habe seine r eifersüchtigen und 
stets betrogenen Ehefrau e rspart « using the stiletto 
she was rumour ed to keep for the purpose». In s einem 
verständlicherweise schmalen Gesamtwerk f inden 
sich wenige grossformatige Gemälde, und «Bertalda» 
gehört zum Besten, das diese r eigenwill i ge Künstler 
geschaffen hat. Das Bild des Kunsthauses, das übri- 
gens in sehr gutem Zustand ist, mag auf die Zeitge- 
nossen einen ähnlichen Effek t wie Füsslis «Nacht- 
mahr» (1781) gemacht habe n, der sich am besten mit 
dem englischen Wort « se nsation» umschr eiben lässt, 
eine angels ächsis c he M ischung aus Neugier, Horror 
und fr eundlicher Ante ilnahme . Von Füs sli gibt es eine 
Zeichnung von 1820 im Be sitz des Kunsthauses, die 
das gleiche Thema zeigt: «Kühleborn erschreckt Ber- 
talda», jedoch ist kein Gemä lde mit dem Sujet be kannt. 
U nterhaltung auf höchs tem Nive au für ein litera- 
risch und küns tl erisch gebildete s Publikum einer 
Metropole, das waren die durchaus geschäftstüchti- 
gen Ziele vieler Künstler der Zeit, wobei Füsslis Meis- 
te rschaft nicht übertroffen wur de. Theodor von Holst 
ist ganz der Schül er s eines bewunderten Lehrers, 
des sen lite rarische Bildung, motivische E infäll e, 
exzentrischer Stil mit seiner sublime n Düs ternis und 
nicht zuletzt die erotischen Konno tationen vorbildlic h 
wirkte n. Im Gegensatz zu Füssli hat die Kunst des 
Nachgeborenen die klas sizistische Härte ganz verl o- 
ren, sie ist romantisch bew egt, abschw eifen d und aus- 
schweifend wie das ornamentale Gitter, das die Szene 
bekrönt – auf dem Weg in das viktorianische Zeitalter. 
Chris toph Becker
	        
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