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Er fuhr fort: Daher auch die Sage vom Doppelgänger und ähnliches Gelumpe, das man Leuten
wie (jetzt folgten Namen wie H. H. E.., usw.) gern zum Apportieren hinwirft. Kurzum, alles spiegelt,
alles tönt wieder, alles nimmt gegenseitig Duft von einander an: Ist es Ihnen wirklich entgangen,
daß Haeckel, ich will nicht sagen wonach schmekt? Riecht Ostwald nicht nach v. Harnack? Duftet
Sombart nicht leise nach Ludwig XIV.? nach Schönheit, Glück und Reichtum? Sieht Hauptmann
nicht aus wie Goethe dividiert durchS. Fischer? Das Original offenbart sich immer nur in Reflexen,
Echos, Nachdüften und -Geschmäcken. Und so, mein Lieber, kennen wir nur einen Tastreflex.
Einen Spiegel des Getasts, der das verborgene Original im Hin- und Widerdruck symbolisch
zu erkennen gibt,- nicht wahr ?
Ich sagte: Gewiß, Herr Geheimrat!
Ach was, Geheimrat, schimpfte er, verschonen Sie mich mit diesem Spießbürgertum. Wir werden
uns duzen.
Ich sagte: Du Abnossah, das mit dem Getast erkläre mir noch gründlicher!
Ja, Wilhelm, gab er zur Antwort, paß Obacht! Es ist der Empfindende von Materie wie von
seinem Spiegel, seinem Echo, seinem Widerspiel in jedem erdenklichen Betracht, gleichsam um
geben wie von einer einzigen differenzierten Reflexion seiner eignen, unsinnenfälligen Projektion/
nicht wahr, Wilhelm?
Tausendmal ja, mein lieber Abnossah!
Obendrein aber noch, mein Wilhelm, ist dieser Reflex in sich gegenseitig, in sich kontrastierend,
er betrifft den Empfindenden z. B. licht und dunkel,-warm und kalt,- männlich und weiblich,- fester
und flüchtiger,- plus und minus,- er betrifft ihn eben mit einem Unterschied, immer wesentlich
mit einem Unterschied!!
Warum, Abnosserl?
Ja, Wilhelmele, das will ich dir sagen: Der Empfindende, dieses Urwunder, dieses Allerwelts
original ist zwar in sich identisch, simpel, absolut, einzig und allein, er ist inwendig in sich die rein
konzentrierte bunte Fülle, die Vollwesenheit und Vollqualität aller Welt, allein er ist dieses doch
eben lebendig, d. h. es drängt ihn, aus seiner zusammengepreßten Unermeßlichkeit, zu deren
unterschiedener Vergegenständlichung,- und Unterschiedenheit ist gerade die Bedingung seiner
ganzen Selbstwahrnehmung, seiner Reflexion auf sich selbst.
Abnossah, das ist klarer als der Himmel!
II n'y a, Wilhelm, que l'esprit qui sente l'esprit. Die meisten Menschen versagen hier. Man ist
schon einzig damit, schon Unmensch, wenn man hier versteht.
Abnossah, wier siezen uns wieder aus gegenseitiger Hochschätzung.
Herr Doktor, ich bleibe Ihr wohlaffektionierter Professer Pschorr. Ohne Unterschied emp
findet kein Empfindender, denkt kein Denkender, handelt kein Handelnder. Der Unterschied
ist geradezu das Material des Schaffenden. Er soll also wissen, daß Differenz, und sei es die aller
leiseste, sei es der Schatten des Schattens, immer wesentlich ein Chaos, eine gähnende, trennende
Kluft ist, und daß er springlebendig zu sein habe, wenn er mit Unterschieden verkehren will / aber
mit was anderm kann er nicht verkehren / he?
Nee, Herr Professor!
Daher also gibt es keine simple Materie, sondern Materie contra Materie, ihren Unter
schied, ohne welchen nichts dem Wahrnehmenden erscheinen, sichtbar, in unserm Falle tast
bar werden kann. Hören Sie?
Ja!
Gewissermaßen demnach ist die Welt, speziell Materie, doppelt vorhanden, und davon profitiert
eben der Empfindende — besonders wenn er der Erfindende ist!
Bravo! Mynona