»Durch!« — Dr. Georg Örtel, M. D. R.: »Schwert und Pflug, Krone und Kreuz.« — Professor
C. Schillings: »Deutsch-Ostafrika bleibt Deutsch-Ostafrika.« — Georg Voß, Konservator der
Kunstdenkmäler Thüringens: »Um die Schrecken des Krieges schneller zu beendigen, darf selbst
das köstlichste alte Bauwerk geopfert werden.« — Thassilo von Scheffer: »Der Krieg hat uns
endlich wieder einen Enthusiasmus gebracht, sorgen wir, daß er uns erhalten bleibe.« — Frau
Elise von Delbrück: »Große Zeiten durchlebt, und dabei großen Persönlichkeiten nahe gestanden
zu haben, ist eine Gnade von Gott.« W. H.
Georg Trakl: „Sebastian im Traum* (Kurt Wolff Verlag).
Des Knaben Trauer wird hervorgerufen durch unerfüllt gebliebenen Schönheitswunsch. Doch
trennt er Ursache und Wirkung nicht und liebt so seine Trauer.
Georg Trakl, lebend in Salzburgs Immergrün der Vergangenheit, dichtet des Knabentums schmerz
hafte Süße. Wissend die Sterblichkeit jeder Erscheinung, jeder Blüte, Sonne, Frucht, Fäulnis und
Saat, wird Verzückung ihm Blick und Träne, unsterblich das Lächeln, Lust, Geste und Tun.
Nie wird der Geburt glasblaues Weh ihm getrübt und gebleicht von der ätzenden Zeit, von des
Augenblicks Schleierwald, nie umnebelt vom Ziel. Weglos sind seine Wälder, ohne Häfen das
Meer und der Mensch ohne Wohnung,- doch lautlos ziehn ihre Bahnen die Sterne, edel und weiß,
kein Schwanken macht sie dem Menschen nahbar.
Georg Trakl verbirgt sich nicht den Gestirnen, die stechend und bitter den Schwachen verscheuchen
in die Höhlen, wo Begriffe, Systeme, Erfahrung, Ordnung das »Leben« erträglich machen, ~
die Menschen nicht. Er gibt sich preis dem hypnotischen Willen, zu welchem Erdengeruch und
Sterneis verschmelzen. Schlafwandler, öffnet sich ihm der Sarg des Unerfüllten, drin Schimmel
blüht auf geöffneten Lippen der Urnacht, wo Phosphor verklärt das Aas der Brüste Marias. Es
starrt seine Seele in die Stürme der Einsamkeit: wohlriechendes Harz aus geblichenen Masten,
entströmt seine Dichtung wächsernem Herzen. Wir fühlen sein Wort wie den maßlosen Blick
einer Leiche,- schwarze Verlockung ins Grab die Berührung versagender Hände. Der Knabe Elis
ist der tote Bruder des totgeborenen Engels Georg Trakl. Ihn küssend schaudert er zurück vor
eigner Bestimmung unwirklichem Doppelgänger. Vor allem Geliebten schaudert sein früheres Leben.
Ja: irdisches Leben, die bleierne Fata Morgana Edens, tönt herrisch und hart in den süßesten,
mattesten Seufzern aller Zerschellten. Blumen und Düfte und zärtliche Liebe sind, um die gefräßi
gen Särge grinsen zu machen. Aber Flüche, Mord/^Wahnsinn und berstende Adern zeugen, daß
göttlich der Mensch und niemals zu töten ist.
Dieser Dichter ertrug nicht die fatamorganaschwangere Erdenwüste: mit unendlicher Süße, einer
Sprache gleich farbigen Quellen der Unterwelt, umwarben seine Gedichte, seine gedichtete Prosa
<Rubine und Perlen aus der Seele blutschweißgerötetem See> seine große Geliebte: den Tod. Er
fand ihn im Kriege.
Doch nahm der Tod ihn nicht als Sklaven, gleich jenen, die, stets als Sklaven, den eifersüchtigen
Kampf um die Gunst der Erde führen, des Todes häßlicher Feindin, der fetten Braut für Händ
ler und Maschinen. Erhörung, nicht Vereitlung war der Tod ihm: er war ein Mensch und konnte
darum »unter Menschen« nicht mehr leben.
Wieland Herzfelde
Verantwortlich für den gesamten Inhalt: Helmut Herzfeld, ßerlin-Charlottenburg. — Verlag: Neue Jugend, Berlin
und Leipzig. — Gedruckt in der Hof-Buch» und »Steindruckerei von Dietsch '3D Brückner in Weimar.
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