99
der Westen, dem man immer wieder klanzumachen
suobte, wie unglücklich, er sei, da ihm die kostbaren
Grundlagen wahrhaft „teutsehen“ Kommunallebens,
nämlich das selbständige Rittergut und die Patri-
monialolbrigkeit, grausam geraubt worden waren.
Die Junker und die Revolution von 1848.
Mitten in diese herrliche Hof- und Rittergutsidylle
fiel der Bau der ersten preußischen Eisenbahnen. Er
wurde die Ursache, daß man sich wieder an das ,Har-
denbergsche Gesetz von 1820 erinnerte, denn die er
forderlichen Mittel konnten nur unter Mitwirkung der
Reichsstände aufgebracht werden. Friedrich Wilhelm
IV. entschloß sich zu einer großen Tat, die seiner
Meinung nach die unbequemen Verheißungen der
Stein - Haideübergschen Reformzeit voll erfüllen und
doch seinen ostelbischen Lieblingen keinen Abbruch
tun sollte: Er berief Anfang Februar 1847 den Ver
einigten Landtag.
Aber die praktische Tagespolitik schlug den feu
dalständischen Ideen des Königs ein Schnippchen.
Mitten in dieser neuen Versammlung erlangten un
versehens die Führer des bürgerlichen Liberalismus
die Oberhand. Preußens Bürgerschaft hatte sich
ganz im Stillen entwickelt, dieweil Preußens Junker
noch im frederizianischen Zeitalter lebten. Diese
Gegensätze platzten in voller Oeffentlichkeit aufein
ander und der Vereinigte ständische Landtag wurde
das Vorspiel des tollen Jahres 1848.
Ironie der Weltgeschichte: Derselbe König, der bei
Eröffnung des Vereinigten Landtags (April 1847) die
anmaßenden Worte gesprochen hatte: „Es drängt mich
zu der feierlichen Erklärung: Daß es keiner Macht
der Erde je gelingen soll, Mich zu bewegen, das natür
liche, gerade bei uns durch eine innere Wahrheit so
mächtig machende Verhältnis zwischen Fürst und
Volk in ein konventionelles-konstitutionelles zu wan
deln und daß Ich es nun und nimmermehr' zugeben
werde, daß sich zwischen unseren Herrgott im Himmel
und dieses Land ein beschriebenes Blatt, gleichsam
als eine zweite Vorsehung eindränge, um uns mit