Anders als für seine Altersgenossen und manchen jün-
geren unter den Schweizer Künstlern ist über Werk und
Leben von Giovanni Giacometti bis heute keine selbstän-
dige Veröffentlichung erschienen. In einer Doppelschrift
zum 50. Geburtstag von Augusto und zum 60. von Gio-
vanni Giacometti hat im Jahre 1928 Dr. A. M. Zendralli
zusammengestellt, was aus autobiographischen Mitteilun-
gen und Aufzeichnungen direkt oder mittelbar erreichbar
ist. Die Söhne des Künstlers und seine Freunde, unter
diesen vor allen Cuno Amiet, haben dann und wann aus
ihren persönlichen Erinnerungen im Gespräch oder in
Briefen und Gelegenheitsveröffentlichhungen lebendig-
anschauliche Ausschnitte geboten.
Am 7. März 1868 in der Bäckerei „Zur Brücke‘, dem
jetzigen Gasthaus „Piz Duan‘, in Stampa geboren, soll
Giovanni Udalrico Giacometti schon früh sich durch
grossen Eifer im Zeichnen hervorgetan haben; für leb-
hafte Aufnahme- und Darstellungsgabe spricht es, wenn
ein Aufsatz des vierzehnjährigen Bezirkschülers über ein
Sängerfest der Bergeller Jugend in der Bergeller Zeitung
„Il Grigione Italiano“ erscheinen konnte. In dieser Zeit
sagte ihm eine kranioskopische Autorität nach Abtastung
seines Schädels eine grosse Zukunft als Journalist voraus.
Zwei Jahre Kantonsschule in Chur führten ihn aber nicht
auf diese Spur und endigten 1886 mit der Uebersiedelung
nach München. Ungenügend vorbereitet für den Eintritt
in die Kunstakademie, suchte er in der Kunstgewerbe-
schule und mit privatem Studium nach der Antike und
dem lebenden Modell vorwärts zu kommen. Der Basler
Wilhelm Balmer nahm ‘sich seiner Bemühungen an und
half ihm mit gutem Rat in künstlerischen und andern
Dingen.