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Ich werde seltsam berührt, wenn ich höre wie Irma
sich glücklich preist, weil sie für gesund erklärt worden ist.
Die Lebensverhältnisse aber sind es, die die Gesund
heit schädigen und die Auffassung des Mannes bestimmt
hier das Schicksal der Frau. Diese Miasmen dringen in
die Moral und oft bis ins Lebensmark. Nicht jede ver
steht sich zu schützen. So werden ihre Sinne verseucht.
Man braucht ja nur mit einem halben Auge hinzu
sehen, um zu bemerken, wie faul es überall steht. Das ist
nicht nur bei uns im Cafe der Fall. Denn wäre es an
derswo besser, so würde es abfärben auf uns. Es färbt
und mischt sich ja alles. Selbst im kleinsten Milieu zeigt
sich das Bild der Zeit. Wo zeigt es sich nicht? So klein
kann kein Fleck der Erde sein, daß nicht in diesem klein
sten Fleck das ganze Bild der Zeit sich spiegelt. Der An
blick allein greift schon an. Die Empörung hat nicht die
sicheren Augen. Wir sind wohl noch sehr gebunden.
Ich gehöre ja dazu. Warum hätte ich also nicht zum
Feste gehen sollen, das Irma zu Ehren arrangiert war?
Was bleibt mir übrig, als in einer Welt der Täuschung
zu leben, da ich mich selbst immer enttäusche? Warum
sollte ich den fremden Irrtum nicht einmal mitmachen
und mitzugenießen versuchen? Dennoch mache ich mir
Vorwürfe. Der fremde Trubel hat mich verwirrt.
Ich fühle mich, als sei ich bei zwanzig Gelagen zugleich
gewesen, und war doch nur bei einem kleinen Familien
fest, bei dem man Irmas Kontrolle feierte. Am fremden