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Das Wort und das Bild.
Welch eine bis zum Sarkasmus gehende Ironie muß dieser
Künstler für unsere tönerne, leere Epoche haben. Vielleicht
gibt es heute keinen zweiten Menschen, der so sehr sich
selbst besitzt. Er löst sich kaum von der Inspiration. Von seinem
Einfall zum Blatt ist die kürzeste Verbindung eingehalten. Das
weite zerstreuende Ausstrecken der Hand und des Körpers, das
Kandinsky nötig hat, um die großen Formate seiner Leinwand
mit Farbe auszufüllen, bringt notwendig Vergeudung und Er
schöpfung mit sich; es erfordert eine ausgiebige Exposition, eine
Erklärung: das Malen wird, wenn es Einheit und Seele behaupten
will, zur Predigt oder Musik.
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7. IV. Am 9. April beginnt die II. Serie des „Sturm“ mit Bildern von
Albert Bloch, Fritz Baumann, Max Ernst, Lyonei Feiniger,
Johannes Itten, Kandinsky, Klee, Kokoschka, Kubin, Georg
Muche, Maria Uhden.
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,Bilder tun der Seele wohl! Sie sind ihre eigentliche Speise.
Aufnahme derselben, Wiederkäuen gewährt Lust, und ohne diese
Speise kann Gesundheit der Seele nicht bestehen'.
(Baader, Tagebücher, S. 26.)
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,Ich suchte mich vor diesem furchtbaren (dem dämonischen)
Wesen zu retten, indem ich mich nach meiner Gewohnheit hinter
ein Bild flüchtete.' (Goethe.)
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Das künstlerische Gestalten ist ein Beschwörungsprozeß und
in seiner Wirkung eine Zauberei.
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