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Von Gottes- und Menschenrechten.
Majestät der protestantische Summepiskopus trat. Geblieben ist,
wenn auch als Abstraktion, die Unterordnung unter eine wie
immer geartete theologische Majestät.
Die Zivilisation dagegen gilt als der profanierte, religions-
und devotionsfeindliche Kulturbegriff, der die Aufklärung,
die Menschenrechte und eine mechanistisch-industrielle, ent-
götterte Welt in sich schließt. Scheler und Sombart sind,
jeder in seiner Weise, die modernen Vertreter dieser Auf
fassung. Die ersten aber, die solche Antithese aufbrachten,
waren die Romantiker, und daß sie ihren Kulturbegriff zunächst
allein gegen Frankreich formulierten, nicht wie neuerdings Som
bart auch gegen die ,krämerhaften' Angelsachsen, ist außer
Zweifel. Voltaire, der Aufklärer und Antichrist, ist der Romantiker
Erzfeind. Sie wollen die übernatürliche Kraft der Weltlenkung
auch im Politischen symbolisiert sehen; fürstliche Gewalthaber,
wie immer sie sich geben mögen, für Statthalter Gottes nehmen.
Was nützt es, wenn man dagegen sagen wollte, daß für Frank
reich seit De Maistre, Bonald und Chateaubriand, also seit reichlich
hundert Jahren, die romantische Antithese keine Gültigkeit mehr
hat; daß Frankreich einmal einen allerchristlichsten König besaß
und auf einige dreißig solcher katholischen Könige zurückblickt,
ja Karl den Großen uns streitig macht; daß also, was wir Kultur
nennen, ebenso dort wie hier gelten könnte, mit dem Unter
schied, daß es dort noch immer eine mächtige katholisch-royali-
stische Partei gibt, während wir gerade dieser Partei als die
Schüler der Reformation, als die Begründer des Liberalismus
und alles Unheils gelten, das über Europa kam? Was nützt das
alles? Wir haben einen Kaiser, im Kriege sogar zwei, und wenn
wir hundertmal Gewalt für Recht nehmen und nach modernen
Begriffen als blutige Don Quichotes dastehen —: wir haben die
Kultur, wir stehen mit dem lieben Gott in direkter Verbindung,
die anderen sind minderwertig, Menschen zweiter Klasse. Nur