12
die Bewegung Deiner Därme und Du, der Du sooft
in Gefahr warst, an einer Fischgräte zu ersticken, lebst
immer noch. Du ziehst Dir die Decke über den Kopf
und pfeifst den Hohenfriedberger. Und wer weiß, jubele
nicht so früh, der andere Tag sieht Dich vielleicht am
Tisch, die Feder stoßbereit, gebeugt über Deinen neuen
Roman „Gesindel“. Wer weiß! Das ist der reine Dada
ismus, meine Herrschaften. Wenn dieser Tristan Izara
nur einmal ein wenig von dem Sinne dieser famosen
Existenz, die man zwischen Affen und Wanzen so dahin
führt, begriffen haben würde, er hätte aus dem Dadaismus
keine abstrakte Kunst gemacht. Er hätte den Schwindel
der ganzen Kunst und aller Kunstrichtungen eingesehen
und wäre Dadaist geworden. Wo haben diese Herren,
die wert darauf legen, in einer Literaturgeschichte ge
nannt zu werden, ihre Ironie gelassen — wo ist das
weinende und das lachende Auge über dem ungeheueren
Hintern und Karneval dieser Welt? Sie haben ihre Selb
ständigkeit hinter ihren Büchern eingebüßt, der Ehrgeiz,
noch nicht so berühmt zu sein wie Rabelais oder Flaubert,
hat ihnen den Mut zum Lachen genommen — sie haben
noch soviel zu marschieren, soviel zu schreiben, soviel
zu leben. Rimbaud sprang ins Meer, um nach St. Helena
zu schwimmen, Rimbaud war ein Kerl, sie sitzen in den
Cafes und meditieren, wie man am schnellsten ein Kerl
wird. Sie haben einen akademischen Begriff vom Leben —
alle Literaten sind Deutsche; sie werden deshalb niemals
zum Leben kommen. )a, Rimbaud begriff sehr wohl,
daß Literatur und Kunst sehr verdächtige Dinge sind —
wie gut läßt sich dagegen als Pascha leben oder als
Bordellbesitzer, wo das Knacken der Betten einem ein
Lied von sich mehrenden Einnahmen singt, ln Tzaras
Händen hat der Dadaismus große Erfolge gehabt. Sie
schrieben Bücher, die in ganz Europa gekauft wurden;
sie gaben Abende, zu denen Tausende sich drängten. Die
Presse der Welt nahm sich der dadaistischen Kunstrichtung
an. Eine neue Sensation, meine verehrten Herrschaften.