Volltext: Jahresbericht 1980 (1980)

SCHENKUNG GEORGES BLOCH AN DIE 
SOTTFRIED KELLER-STIFTUNG 
Georges Bloch hatte 1972 der Gottfried Keller-Stiftung 
478 graphische Blätter von Picasso geschenkt, die 
als Leihgaben an acht Schweizer Museen gelangten. 
Das Kunsthaus Zürich erhielt damals 69 Werke. 
1980 ergänzte Georges Bloch seine grosszügige Stif- 
tung mit einer neuerlichen Schenkung, wovon ein 
grosser Teil als Leihgabe in die Graphische Samm- 
lung des Kunsthauses kam. Es handelt sich um 
16 Werke aus den Jahren 1937 bis 1968, die Picasso 
Georges Bloch persönlich gewidmet hat. Es sind in 
der Mehrzahl entweder Unikate oder von Hand über- 
arbeitete Blätter oder seltene Zustände. Diese Tat- 
sache erstaunt nicht so sehr, wusste Picasso doch, 
dass der passionierte Sammler Georges Bloch seine 
normalen, edierten Blätter bereits besass und 
deshalb nur an aussergewöhnlichen Werken interes- 
siert sein konnte. Bei seinen Besuchen zeigte er ihm 
mit Vorliebe unbekannte Zustände oder nicht edierte 
Blätter, um seine Reaktion zu testen. Wenn Georges 
Bloch dann etwa meinte - wie im Falle von 
Jeunesse;, 1950 (Bloch 675) -: «Das Blatt in meiner 
Sammlung sieht anders aus, das muss ein Zustands 
druck sein», war Picasso tief befriedigt über die 
reichen Kenntnisse seines Besuchers. Zu seiner Frau 
Jacqueline sagte er dann: (Tu vois, il connait ma 
gravure.»' Der Widmung auf diesem Blatt «Pour mon 
ami Georges Bloch)» fügte er in Grossbuchstaben 
die Bestätigung «der ETAT> hinzu. 
Ein anderes Mal regte ihn ein längeres Gespräch mit 
Bloch über Linolschnitte dazu an, drei Frottagen 
von bereits bestehenden Linolplatten herzustellen 
(Bloch 1363, 1364 und 1365, Abb. 18). Es war, als 
wollte er damit zeigen, dass man mit einer Linol- 
platte auch etwas anderes machen könnte als 
drucken. Er beliess es aber bei diesem einmaligen 
Experiment. Andere Experimente mit Linolplatten 
beschäftigten ihn dagegen intensiver, und er erfand 
dabei eine für ihn charakteristische neue Technik 
des Druckens. Normalerweise wird der Linolschnitt - 
wie der Holzschnitt - im Hochdruckverfahren ge- 
druckt, d.h. das zu druckende Motiv bleibt als erha- 
bener Steg stehen und die Stellen, die weiss bleiber 
sollen, werden herausgeschnitten. Picasso ver- 
wendete dagegen das Linoleum häufig wie eine 
Kupferplatte. Er ritzte das zu druckende Motiv wie irn 
Tiefdruckverfahren in die Platte ein. Das gab ihm 
die Möglichkeit, spontaner und direkter zu arbeiten 
Wenn die Platte für den normalen Druck schwarz 
eingefärbt wurde, erschienen die eingeritzten Linien 
als weisse Zeichnung auf schwarzem Grund, bei- 
spielsweise in dem «Portrait de Piero Crommelynck) 
von 1966 (Bloch 1367, Abb. 18).2? Um diesen Negativ- 
druck umzukehren, färbte Picasso die Platte nicht 
schwarz, sondern weiss ein und übermalte das voll- 
kommen weiss gedruckte Blatt anschliessend mit 
schwarzer Tusche. Das Papier nahm die Tusche nur 
in den nicht von weisser Farbe überdeckten Linien 
auf. Anschliessend wusch Picasso in seiner Bade- 
wanne mit der Dusche die nicht aufgesogene Tusche 
ab (vgl. Abb. 18). Das Ergebnis war eine schwarze 
Zeichnung auf weissem Grund.? Da jedes Blatt in 
etwas anderer Weise mit Tusche übermalt wurde unc 
das Abduschen zahlreiche Zufallsergebnisse zur 
Folge hatte, ist jeder Abzug ein Unikat. Die meisten 
der Georges Bloch von Picasso gewidmeten Linol- 
schnitte sind in dieser Technik gedruckt worden (vg' 
«Le Peintre et son modele», 1963, Abb. 18). 
Einen Sonderfall in der Schenkung von Georges 
Bloch stellt die Tonplatte «Personnages et cavalien 
von 1968 (Bloch Bd. Ill, 182) dar. Sie gehört zu dem 
Jımfangreichen graphischen Keramikwerk Picassos 
d.h. zu seinen Originalgraphiken in Keramik. Bloch 
erzählt dazu folgende Geschichte. Er hatte gemerkt, 
dass Keramiken dieselbe Zeichnung wie Linolschnitte 
aufwiesen. Auf seine Frage, ob das nun Graphik sei. 
habe Picasso ihm geantwortet: «Si je grave votre 
cuisse, c’est aussi de la gravure.) Auf Blochs Über- 
legung: «Wenn das auf der Keramik Graphik ist, dann 
sollte man das auch als Graphik katalogisieren», 
habe Picasso sofort Ramie in seiner Keramikwerkstatt
	        
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