RESTAURIERUNG
Die Tätigkeit in einem Museum bietet dem Restaurator
den grossen Vorteil, dass er die vorgenommenen Eingriffe
und damit die gewählten Restaurierungsmethoden und
-materialien in ihren Auswirkungen langfristig verfolgen
kann. An dem Gemälde «Pescalier» von Fernand L6ger,
das bereits 1933 vom Kunsthaus erworben wurde und sich
in einem weitgehend unberührten Zustand befindet,
nahmen wir vor 20 Jahren eine Festigungsprobe und einen
Reinigungsversuch auf wässriger Basis vor, die sich in der
Zwischenzeit bewährt haben. Dennoch entschieden wir
uns heute für noch sanftere Massnahmen: die Einschrän-
kung der konservierenden Eingriffe auf die akut gefähr-
deten Punkte und eine trockene Reinigung der Oberfläche,
welche die natürliche Alterspatina stärker respektiert.
Gemessen an den Problemen moderner Gemälde
bieten jene der alten Meister meistens weniger prinzipielle
Schwierigkeiten. Liegen jedoch mangelhafte frühere
Restaurierungen vor, so kann man neben technischen
Komplikationen auch mit interpretatorischen Fragen
konfrontiert werden. Im Falle von Jacob van Ruisdaels
«Steinbruch im Walde» der Ruzicka-Stiftung bekam der
Museumsbesucher bisher nur einen unmotiviert fleckigen
Wolkenhimmel und ein paar Felsbrocken zu sehen,
während der Rest des Bildes in eine schwer differenzierbare
Dunkelheit gehüllt war. Nach der Entfernung der trüben
Firnisschichten hellten sich die dunkeln Gemäldepartien
zusehends auf. In den blauen Partien des Himmels
mussten die umfangreichen späteren Übermalungen auf
das sorgfältigste reduziert werden; die erhoffte originale
Farbe war jedoch meistens nur noch in Spuren aufzu-
finden. Es galt demnach, die fehlenden Partien durch
Retouchen zu ersetzen. In einer ersten Annäherung
wurden diese Fehlstellen minuziös retouchiert, wie es
unserer normalen Praxis entspricht. Als Resultat entstand
jedoch ein allzu fein strukturierter Himmel, der mehr der
akademischen Malerei des 19. Jahrhunderts glich als der
grosszügigeren Auffassung des 17. Jahrhunderts. In einem
zweiten Anlauf zog man daraus die Lehre und griff mit
wesentlich breiteren Pinselzügen die vorgegebene gröbere
Struktur auf, die dem Gemälde auch in seinem Gesamtzu-
stand besser entspricht. Die hellen und dunklen Teile des
Bildes klingen erneut zusammen, und so erschliessen sich
heute dem Betrachter die ursprünglichen Qualitäten
dieses eindrücklichen Gemäldes wieder.
Eine grosse Befriedigung bei der Arbeit und ein glück-
liches Resultat bot die Restaurierung von Claude Monets
«La meule au soleil» von 1891. Bei der Entfernung des
später irrtümlicherweise aufgebrachten, verbräunten
Firnis, der sich problemlos löste, wurden die feinen
Nuancen und Abstimmungen der Farbtöne, besonders
etwa die Violetts in den Schatten oder der lichte Schleier
der Pappelreihe im Hintergrund, erst richtig sichtbar; jetzt
strahlt dieses Meisterwerk wieder in seiner ursprünglichen,
unglaublich reichhaltigen und geistreichen Farbigkeit.
Die Vorbereitungsarbeiten für die Dada-Ausstellungen
in Innsbruck, München und Hannover, in deren Rahmen
eine Vielzahl von oft sehr brüchigen Dokumenten in
einen transportfähigen Zustand versetzt werden mussten,
nahmen den Zeitraum eines ganzen Jahres in Anspruch.
Im Anschluss an die Zürcher Präsentation unserer Dada-
Sammlung werden wir im nächsten Jahresbericht auf
dieses aufwendige Unterfangen zu sprechen kommen.
Ausstellungen
Die zahlreichen Leihgaben der Eurasien-Ausstellung aus
den Sammlungen der verschiedensten Nachfolgerstaaten
der früheren UdSSR stellten uns vor ungewöhnliche Pro-
bleme. Bis zuletzt war nicht klar, welche Objekte wirklich
kommen würden; oft fehlten die Grössenangaben, oder sie
erwiesen sich als falsch. Um den konservatorischen Erfor-
dernissen für die sehr unterschiedlichen Materialien zu
genügen und zugleich jedes Werk in seiner Eigenart
möglichst gut zur Geltung zu bringen, musste eine neue
Art von Vitrinen entwickelt werden. Als ideal erwies sich
die Verwendung der sogenannten Kaltlichtfaseroptik, bei
der die Lichtquelle ausserhalb der Vitrine angebracht und