AUSSTELLUNGEN IM ERDGESCHOSS
GSMBA. Louis Conne, Maria Török, Balz Kloeti
Über die Generationen hinweg zeigte die Sektionsausstel-
lung der GSMBA Zürich unter der Formel «3 Räume - 3
Künstler» das Werk von Louis Conne (1905), Maria Török
(1907) und Balz Kloeti (1954). Während Conne als Stu-
dienkollege von Alberto Giacometti an der Grande Chau-
miere ein wichtiger, wenn auch zu wenig ausgestellter Pla-
stiker und Radierer der Schweizer Moderne ist, kam Maria
Török, eine Autodidaktin, von der Musik zur Zeichnung,
die sie fern vom Kunstbetrieb in einer Art häuslicher
Obsession betrieb. Ob Figur wie bei Conne oder Figurine
wie bei Török, das Thema des gefährdeten und verletzli-
chen Menschen im unbestimmten Raum und dessen
«Rettung» in die Poesie und Mythologie ist sowohl in der
intimen atelierhaften Inszenierung Connes wie der wand-
füllenden Präsentation bei Török als sinnliche Metapher
spürbar geworden. In diesen Kreis fügten sich die Kör-
perfragmente des jungen Balz Kloeti, auch wenn seine
Objekte aus «billigem» Material sind, mit jener Selbstver-
ständlichkeit, welche die Grenzen zwischen alt und jung
gleichsam im Kontinuum der Kunst überwindet
GM
Endstation Sehnsucht
Janine Antoni, Sadie Benning, Sophie Calle, Sylvie Fleury, Julio
Galan, Gabriel Orozco, Raymond Pettibon, Ugo Rondinone
Die Besucher betraten die Ausstellung über eine kleine
Treppe, die sie direkt auf einen Laufsteg führte, um so das
Thema des Ausgestelltwerdens auf überraschende Weise
am eigenen Körper zu erfahren. Es war Sylvie Fleury, die
diesen ersten, im übrigen mit beschwörenden Parfum-
Namen bunt bemalten Raum gestaltete.
In «Endstation Sehnsucht», in der sich acht Künstler
der jüngeren Generation zusammenfanden, standen
Wunschvorstellungen der «überpersönlichen» Art im
Zentrum der Ausstellung. Dass dies auch als das Museum
entgrenzende Forscherarbeit aufgefasst werden kann,
bewies die aus den Bahamas stammende Künstlerin
Janine Antoni, die in den ersten 10 Tagen der Ausstellung
im Museum schlief - in ihrem aus einem Bett, einer
REM-Maschine und einem Webstuhl bestehenden Werk
«Slumber» - und während des Tages ihre in REM-Werten
erfassten Träume webte.
Zur Ausstellung erschien ein 80seitiger Katalog mit
Gedichten von Thomas Kling.
BC
Ferdinand Gehr
Das Ereignis waren vielleicht gar nicht so sehr die religiö-
sen Temperabilder und Landschaften im ersten Raum, die
Blumenaquarelle und Farbholzschnitte hinten und auch
nicht der enorme Publikumszuspruch und sensationelle
Postkartenverkauf, das Ereignis war wohl die Gegenwart
des 98jährigen Künstlers an der Eröffnung. Dass bei sei-
ner Ankunft in der Ausstellung spontan eine eigentliche
Ovation losbrach, kann wohl nur mit dem seltenen
Umstand erklärt werden, einem so erstaunlichen Men-
schen und Künstler noch einmal zu begegnen. Erstaun-
lich, weil Ferdinand Gehr noch jeden Tag ins Atelier geht
und noch’‘im letzten Winter das auf sparsamste Farb-
flächen reduzierte Bild «Maria Empfängnis» geschaffen
hat, erstaunlich auch als Künstlerlegende ausserhalb von
Kunstbetrieb und Kommerz, mit einer grossen Ausstrah-
'ung, einem Publikum und Sammlern, die ihn geradezu
verehren. Als Kirchenmaler eine öffentliche und lange
Zeit umstrittene Reformfigur, zählt auch sein «freies»
Werk, das in den letzten Jahren sich fruchtbar vermehrte,
zu den eigenständigen Leistungen der Schweizer Moder-
ne. Seinen Stil und seine Botschaft, die ganz aus der Farbe
leben, hatte Gehr allerdings schon in den dreissiger Jah-
ren gefunden. Diese kleinen Freskotafeln, wie den Hugo
Ball gewidmeten Dämonenfries (1937), hatte er für sich
behalten und während Jahrzehnten nie öffentlich gezeigt:
als sein künstlerisches Reservat, in dem der Eros eine
Triebkraft war und aus der sein Lebensthema der «Mensch-
werdung» hervorging in einer einzigartigen Symbiose von
profaner Erfahrung und sakraler Spiritualität.
GM