Volltext: Jahresbericht 2009 (2009)

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Der amerikanische Künstler Matt Mullican ist 1951 
in Santa Monica geboren und lebt heute in Berlin 
und New York. In seinem eigenwilligen Werk bedient 
er sich einer Vielzahl von Medien, er sammelt, zeich- 
net, malt, baut Skulpturen, stellt Bodenreliefs her 
und macht Performances und Videos. In der Schweiz 
befindensichimöffentlichenRaumetwainZugund 
in Rapperswil grossformatige, bunte Skulpturen von 
Matt Mullican. 
Zum einen ist seine Kunst angetrieben vom Ent- 
werfen und Anrufen von selbst erschaffenen Ord- 
nungs- und Zeichensystemen, von Kosmologien mit 
ihren eigenen hermetischen Sprachelementen und 
Piktogrammen, zum andern setzt Mullican seit den 
1970 er Jahren immer wieder in seinem Schaffen die 
Hypnose ein. Damit führt er die Selbstexperimente 
der Surrealisten für unsere heutige Zeit weiter, um 
so die rationale, ordnende «Tagseite» zu verlassen, 
sowie die psychischen Zwischenreiche und Zustände 
auszuloten und künstlerisch fruchtb ar zu machen. 
Wenner in Videos zum Beispiel wieder zum fünfjähri- 
genBubwird,dessenElternihnfüreinWeilchenallein 
zuhause gelassen haben, überträgt sich die Qual des 
wimmernden und in zwanghafte Motorik verfallenen 
hypnotisierten sechzigjährigen Künstlers auch auf den 
Betrachter. Und doch bleibt dieser «draussen», und 
kann ihm nicht wirklich in die Seele blicken. 
Das Werk, das nun E ingang in die Sammlung 
des Kunsthauses gefunden hat, bes teht aus einem 
Videofi lm, einer grossformatigen Pinselzeichnung 
auf P apier sowie einer Frottage dieser Zeichnung auf 
Leinwand. Die Arbeit «Untitled (Combination of the 
Two, Tang Art Museum)» entstand 2006imTang Art 
MATT MULLICAN – 
ORDNUNG UND HYPNOSE 
Mus eum in Saratoga Spr ings (USA, NY) im R ahmen 
der Ausstellung «And Therefore I Am», in der ver- 
schiedene Künstle r im Bezug auf Descartes’ «Cogi- 
to ergo sum» E rfahrungen von unterschiedlichen 
Bewus sts eins-Zus tänden untersuchten. Der Film 
zeigt, wie Matt Mullican dort unter der Obhut des 
«Hypnotherapeuten» , Dr. Clif ford Passon, ganz lang- 
sam die grosse bildhafte Zeichnung mit schwarzer 
FarbeundPinselaufdasPapier bringt,dabei auf die 
Leiter steigt, wieder Abstand nimmt, w eitermalt, an 
Formen, Schnörkeln, Za hlen, die mal aufrecht, mal 
auf dem Kopf gemalt erscheinen. Der Film ist auf 
einem Monitor, der auf dem Boden vor der fertigen 
Zeichnung aufgeste llt ist, zu s ehen. Der Betrachter, 
die Betrachteri n , kann dort in «Realzeit» das Ziehen 
der Striche verfolgen, wie sie in einer Stund e und 
einemViertelam6.Februar2006imTangArtMuse- 
umaufsPapierkamen–jenerStriche,dieerodersie 
gleichzeiti g auch auf dem fertigen Bild sieht, wo sie 
nun zur Ruhe gekommen sind und sozu sagen ihrem 
«Ewigkeitsa nspruc h» frönen. 
ZuerstwurdedasWerkmitdemTitel«ThatPer- 
sons Work: How to make something from nothing?» 
gezeigt: Dies spiegelt die Vorgabe, die sich der Künst- 
lerselbstfürseineArbeitinder Trance stellte. Dem 
grossen blanken Papier ausgesetzt, «das seine Weisse 
verteidigt», um Mallarmé zu zitieren, begann er mit 
dem Nummerieren der Heftklammern, die den Bogen 
aufderWandfesthielten.DieSuchenachdemSinnim 
Akt des Kunstmachens führte zu demdasBild domi- 
nierenden Satz «the SAME thingalways/thesame 
ThING» – der Zwang und die Faszination, sein Werk immer weiterzuführen und zugleich die Gefa hr und die
	        
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