Für das nun in Paris erlernte Handwerk der Malerei findet er
wohl Anwendung in Bildnissen aus seinem Freundeskreis und der
Verwandten in der Schweiz, in Studienkopien nach Dürer, Rem-
brandt und andern großen Meistern des Louvre, doch muß er, um
nicht zu verhungern, es vorerst in den Dienst von Händlern stellen mit
Handelskopien und Herrichtung von alten Bildern, und nachhelfen
mit der kleineren Münze des Kupferstichs für Reproduktionen nach
volkstümlichen Gemälden der Vergangenheit und Gegenwart. Seine
Leistungen in diesem Bereich bringen ihn in Verbindung mit freier
gerichteten Verlegern, und die Schwarzweißkunst wird ın seiner
Hand ein Instrument zur Übermittlung von Ideen. Für allgemein
menschliche, soziale, politische Inhalte schafft er sich in Lithographie
und Holzschnitt eine schlagende und beflügelnde Sprache. Seine
Steinzeichnungen und Schwarz-weiß-Bilder erscheinen, anfänglich
nicht immer mit viel Glück, als selbständige Verlagswerke, dann in
den breiten und sicheren Kanälen der Zeitschriften, wie Revue
Blanche. Cri de Paris, Rire, Assiette au beurre, Sifflet, Temoin, Vo-
lonte, Renaissance du Livre, Mercure de France, Revue des Revues,
Bibliotheque Universelle, Scribner, Studio, Chap Book, Jugend, Pan.
Hier überrascht er mit dem Spiel von neuen Formen, lächelt und
lacht er, und klagt an mit oft grausamer Kritik und verbissener An-
griffslust. Seine Arbeit, die nun nicht mehr Handwerk ist, bringt ihn
den Trägern der Kräfte nahe, für die er wirkt. Er wird ein Glied
der künstlerischen Avantgarde der Hauptstadt inmitten von gleich-
gesinnten Zeichnern, Malern, Malerdichtern, Musikern, Literaten,
Dichtern, Politikern. Da das Ziel seiner Kritik naturgemäß die Er-
scheinungen sind, die er in der französischen Gesellschaft und Poli-
tik vor sich hat, liegt ihm daran, nicht als ein Außenseiter in die
Angelegenheiten des Landes sich zu mischen, mit dem er lebt. Seine
Pariser Freunde erklären vor allem damit seine Bewerbung um das
französische Bürgerrecht. Ein Heft wie „Crimes et Chätiments“
der Assiette au beurre von 1901 wäre in der Tat als Leistung eines
Fremden in Frankreich schwer erträglich.
Nach der Verheiratung beginnt für Vallotton sein drittes, stilleres
Dasein eines Malers, der sinnlich aufnimmt und jede Begegnung
zum Bilde ordnet. Den ersten Sommer, 1900, verbringt er mit der
Familie vor den Toren von Lausanne in der Ländlichkeit von Ro-
CM