Full text: Sirius : Monatsschrift für Literatur und Kunst (8)

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meisselte, litt unter Tatlosigkeit; Verlaine schoss auf Rimbaud, 
der ein Napoleon geworden wäre, wäre er nicht in eine gelegen 
heitslose Zeit hineingeboren worden, und so als abenteuernder 
Kaufmann in Afrika umherzog. 
* 
Weniges ist dümmer, als um seinen guten Ruf besorgt zu 
sein. Den Köpfen der Kleinen erscheint der Grösste klein. Zu 
dem lassen die Kleinen auch den Kleinen keinen guten Ruf, da 
sie ja doch alle klein sind. 
* 
Das Frühjahr macht das Leben so stark sich erneuern, dass 
die Jugend müde und krank wird und viele Greise sterben. 
Frauen werden blässer und nur Männer sehen gesünder aus. 
Auch hier berühren Leben und Tod einander. 
Es gibt keine persönlichen Beziehungen zwischen Menschen. 
Letzten Endes ist jedes andere Ich der Feind des meinen. Es 
wird unsäglich mehr gehasst, als auch nur geahnt wird. „Liebe 
deine Feinde wie dich selbst!“ Welch ein Wort! Wieviel meine 
ich nicht schon erreicht zu haben, wenn ich sie nicht hasse. 
* 
Die Bevölkerung des Heimatortes, die man hasst, 
weil sie zu sich herunterziehen will, meidet man, solange man 
in ihrer Mitte zu leben gezwungen ist. Sobald man weiss, sie 
binnen kurzem für immer verlassen zu können, trägt man seinen 
Hass mit Wollust an ihr vorbei. 
* 
Nie ist man mehr bereit, einem Menschen hoffend sich hin 
zugeben, als wenn man kurz vorher von einem andern verraten 
wurde. 
* 
Das Weib sagt nie, was es denkt, sondern nur was ihm 
einfällt. Und das ist von einem Mann. 
* 
Lust ist ein Schwindel. Wort und Begriff decken einander 
oft mehrfach. Durch solche Feststellungen kann die Zahl der 
mühseligen Wege zu Erkenntnissen verringert werden. 
* 
Der Mann ist auch dann zum Bekennen eines Unrechts zu 
veranlassen, wenn es ihm nicht mehr bewiesen werden kann. 
Ein Weib niemals. 
* 
Die Ironie ist fast stets eine Unterart der Dummheit; 
manchmal eine des Irrsinns. 
* 
Die Schwerhörigkeit vieler ist meist nur zu einem Viertel
	        
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