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und klugen machen, es kann aber die schädlichen
Wirkungen der Herrscherpersönlichkeiten bis zu
einem gewissen Grade dadurch paralysieren, daß es
ihre Herrschergewalt einschränkt, ihre Handlungen
von der Zustimmung der Volksvertretung, das heißt
einer solchen, die den wahren Volkswillen zum Aus
druck bringt, abhängig macht.
In krasser unid unheilbarer Form treten die Fehler
und Schwächen des monarchischen Systems nur in
den Ländern auf, wo weder die offene Despotie noch
der wirkliche Ko ns titution alismus herrscht, wo der
Absolutismus die Maske des Konstitutionalismus an
genommen hat. Hier mangelt es an jedem wirksamen
Ausgleich des verfehlten Systems, an jedem wirk
samen Aushilfsmittel orientalischer und okziden-
talischer Observanz.
Ein Muselmann stritt mit einem Westeuropäer
über die Vorzüge der verschiedenen Ehesysteme im
Orient und Okzident. Der Muselmann lobte die Poly
gamie, der Westeuropäer fand auch sein System er
träglich: „La monogamie modifiee par l’adultere.“ So
ist auch die Monarchie im Orient und Okzident zur
Not erträglich, wenn sie dort „modifiee par l’assassi-
nat“, hier „modifiee par le parlementarisme“ ist.
Unerträglich wird sie erst, wenn diese Modifika
tionen fehlen, wenn der Fürstenmord, als ultima ratio
gegen Tyrannis, von dem allzu ehrlichen oder allzu
sklavischen Volke verworfen, dagegen der Massen
mord auf Befehl des Fürsten geduldig ertragen wird,
— wenn der Wille des Volkes entweder gar nicht oder
nur in verfälschter Form in einer sogenannten Volks
vertretung. zum Ausdruck kommt, in Wirklichkeit
aber schließlich der Wille des Herrschers, ausgeführt
durch die Minister, die „Diener ihres Herrn“, die
Geschicke des Landes bestimmt.
Die Musterbilder aller Krankheiten des monar
chischen Systems sind die Zustände in Deutschland
und Oesterreich-Ungarn — in diesen scheinkonstitutio
nellen Ländern, wo die Monarchie, ungemildert durch
Fürstenmord oder Parlamentarismus, herrscht. Hier
treten die Schäden des Systems so scharf und sicht