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nicht auf die im preußischen Westen und Norden
ansässigen Industrie-, Handels- und Schiffahrtsinter
essen und noch weniger auf den modernen Kultur
geist unserer Universitäten und Schulen, sondern
einzig und allein auf den Großgrundbeitz und die
Königstreue der Herren im Osten. An dieser Tat
sache haben zwei Jahrhunderte preußisch-deutscher
Kulturentwioklung nicht das geringste geändert; Be
weise dafür finden wir nicht nur in der preußisch-
deutschen Politik der letzten Jahrzehnte, sondern na
mentlich auch in den zahllosen Beden, die Wilhelm II.
im Laufe seiner Begierung an die Adresse der Junker
gerichtet hat. So sagte er am 15. Mai 1890 auf dem Pro
vinziallandtag in Königsberg:
„Die Provinz hängt mit unserem Hause fest zu
sammen. Ein gutes, segenlbringendes Königtum ist vor
allem fundiert auf die Grundlage eines fest und zu
versichtlich zum Beeilten strebenden, Ackerbau trei
benden Volkes.“
Und am 6. September 1894 zu den Vertretern der
Provinz Ostpreußen: „Ja, ich habe sogar tief beküm
merten Herzens bemerken müssen, daß aus den Mir
nahestehenden Kreisen des Adels meine besten Ab
sichten mißverstanden, zum Teil bekämpft worden
sind; ja, sogar das Wort Opposition hat man Mich ver
nehmen lassen. — Meine Herren! Eine Opposition
preußischer Adeliger gegen ihren König ist ein Un
ding, sie hat nur dann eine Berechtigung, wenn sie den
König an ihrer Spitze weiß, das lehrt schon die Ge
schichte unseres Hauses.“
Aus derselben Bede ist ersichtlich, daß sich das
preußische Königtum von Gottes Gnaden nicht nur in
der eben betonten Weise politisch mit dem Junker
tum identifiziert, sondern auch seiner sozialen Stellung
nach:
„Meine Herren! Was Sie bedrückt, das empfinde
auch ich, denn ich bin der größte Grundbesitzer in
unserem Staate, und ich weiß sehr wohl, daß wir durch
schwere Zeiten gehen. Täglich ist mein Sinnen darauf
gerichtet, Ihnen zu helfen, aber Sie müssen mich dabei
unterstützen, nicht durch Lärm, nicht durch Mittel der