186
Seiner Gewohnheit, zu „schmusen“ — es gibt
keinen bezeichnenderen Ausdruck — blieb er treu
selbst an jenem furchtbaren vierten August des
Jahres, da man schrieb neu nz eknhuU der tu ndvie r z eh n.
Als die Reichsboten in den Weißen Saal sich
drängten, um Wilhelms Thronrede zu vernehmen,
machte er sich an den volksparteilichen Abgeordneten
Konrad Haußmann heran, um ihm zu erklären: „wer
diesen Krieg gemacht habe, sei der größte Verbrecher
der Weltgeschichte.“
Wir merken uns dies Wort.
In seinem dunklen Gefühle hat — wir legten es
eben dar — das deutsche Volk gleich bei Beginn der
wilhelmischen Flottenpolitik geahnt, daß hier die
Wurzeln des We'ltkonflikts lägen . . .
Nicht eine Defensivflotte hat Tirpitz gebaut. Sein
Ziel war die deutsche Meeresherrschaft. Wie geschickt
er auch als Flottenagitator war, ein so unwissend
phantastischer Hans Dampf in allen Gassen war (und
ist) er im Gehege der Weltpolitik.
Wir wissen zufällig aus guten Quellen, wie er von
einem Phantasma zum andern taumelte. Bald plante
er — im innigen Einverständnis mit dem Prinzen
Heinrich — Frankreich Algiers zu berauben. Dann
wieder wollte er mit Hilfe der deutschen Konsulate,
die an allen Orten zu errichten seien, ein Verschwö
rungsnetz über ganz Nordamerika ausbreiten, um bei
einem Angriff auf die Union — ein solcher Angriff
war stets sein Lieblingstraum — durch eine große
deutsch-amerikanische Revolution unterstützt zu wer
den. Jeder Wahnsinn der Alldeutschen fand an Tirpitz
seinen Beförderer. Und auch auf diesem Gebiete ver
band sich bei ihm die ausschweifendste Phantastik
mit raffiniert kluger Praxis. Die Presseabteilung des
Marineamtes arbeitete mit allen Mitteln. Und sie
arbeitete höchst erfolgreich.
Der satanisch-fanatische Englandhaß, der zu Be
ginn dieses Krieges in Deutschland ausbrach, ist Tir-
pitzens Werk. Die alttestamentarischen Gurgeltöne
des Haßgesanges auf England, den der sich Ernst,
nennende Enoch Lissauer verbrach, sind auf Tirpitz’