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HAMBURG
Die Situation der neuen Kunst in Hamburg würde ich etwa folgendermaßen bezeichnen: Es
gibt hier eine kleine wohl aufeinander abgestimmte Gruppe von Künstlern, die den Übergang
vom Impressionismus zum Expressionismus darstellt. Die namhaftesten unter ihnen waren oder
sind Franz Nölken'jf, Ahlers-Hestermann, Fritz Friedrichs, A. Povorina, W. RosamL H. Bruck —
ein Kreis, der in Paris in den Jahren vor dem Kriege maßgebliche Anregungen fand. Seither hat
der Expressionismus der jüngeren Zeit in seinen verschiedenen Erscheinungsformen auch hier
Vertretung gefunden. Ich übersende Ihnen hierzu den Katalog der letzten hamburgischen Aus
stellung, in dem ich einige der wichtigsten Vertreter dieser Richtung angestrichen habe.
Albert>Blodi Der Eselsgarten 1918
Im Publikum hat sich eine kleine Anzahl von Freunden und Gönnern der jüngsten Kunstform
zusammengefunden, die ihre literarische Stütze in Dr. W. Niemeyer, Fräulein Dr. R. Schapire,
Dr. Lothar Schreyer finden. Der Frauenbund zur Förderung deutscher bildenden Kunst, dessen
Geschäfte von Fräulein Schapire besorgt werden, tritt lebhaft für die Fragen der Kunst unserer
Zeit ein und hat 1917 in der Kunsthalle eine recht beachtenswerte Ausstellung aus hiesigem
Privatbesitz veranstalten können. Eben diese Ausstellung bewies es zum Überfluß, daß die Kritik
der Presse sich im allgemeinen abwartend und eher skeptisch gegenüber der neuen Kunst verhält.
Der als besonders intelligent angesehene Kritiker der »Hamb. Nachrichten«, Dr. Piper, schweigt
sich über alles Nachimpressionistische aus. Einen rühmenden Artikel widmete er dem Halligen^
maler Jacob Alberts, von Liebermann scheint er wenig zu halten.
Die Leitung der Kunsthalle hat, wie Ihnen die beifolgenden Jahresberichte aus der Zeit meiner
Amtsführung des Näheren erweisen, sich bemüht, dem Expressionismus Vertretung in der Galerie