IT
Oskar Kokoschka, 1886 in Pöchlarn an der Donau, unweıt
des einst sehr mächtigen, noch heute prächtigen Stiftes Melk
geboren, war tatsächlich erst zwanzigjährig in Wien schon auf-
gefallen als Zeichner, Dichter und Maler, und von einem
kleinen, doch überzeugten Kreis von Aelteren wie adoptiert
und eifrig gefördert worden. Der Mai 1913 brachte dem
Zürcher Kunsthaus 13 Oelbilder des Künstlers aus den Jahren
1908 oder 1909 bis 1911, zehn Männer- und Frauenbildnisse
der Wiener Gesellschaft, ein Kinderbildnis, eine Kindergruppe
und das Bild einer Katze. Diese Wiener Bilder waren aber nicht
heiter und farbig, diese Wiener Menschen nicht hübsch und
glücklich. Die Farben waren grau bis schwarz, rötlich bis blutrot,
die Bilder meist dunkel, die Männer und Frauen nicht strah-
lend und froh, sondern nachdenklich, besessen, gequält, wie
angefressen von innerer Plage und Schmerz des Gemütes. So
war wenigstens ihre damalige Wirkung, und um so ausgespro-
chener, als sie neben ahnungslos unbeschwerten Landschaften
schweizerischer Maler wie Alfred Rehfous, Plinio Colombi,
Traugott Senn, Max Brack, Ernst Geiger, Emil Prochaska,
Fanny Brügger sich zu behaupten hatten.
Die Bilder zeigten sich wie die düstere Kehrseite einer hei-
teren Fassade. Die Persönlichkeit, die aus ihnen sprach, wirkte
auch nicht, wie man so „Jüngling‘“ sagt, nicht gegenwartsfroh
und zukunftsfreudig, nicht positiv zustimmend, eher im tiefsten
voller Angst und traurig, und unheimlich eindringend. Die
Dargestellten und die Figuren in den Bilderbüchern und den
Gedichten des Künstlers schienen zu wissen und zu künden, daß
hinter dem segnenden der strafende und quälende Eros steht.