Volltext: Ausstellung Oskar Kokoschka

dere Form und Ausdrucksweise sucht. Es spielt zwar Verwandtschaft 
in den Mitteln herüber und hinüber von Altenberg zu Loos, von Frau 
Dr. Franzos zu Kraus, 
Bestimmte Farbklänge, ein scharfes Gelb, tiefes Blau, braune, violette 
und Rosa-Töne, gewisse einmalige Zeichen für Formen in Gesicht, Händen, 
Faltenwurf, erscheinen immer wieder ähnlich in diesen und andern Bild= 
nissen der Frühzeit, eigentlich ist aber jedes ein Einzelfall.‘ Nicht daß der 
Künstler jedem Modell wieder anders erliegt, er empfindet nur zu stark 
das menschlich Verschiedene, als daß er sie nach einer bestimmten künst=- 
lerishen Formel einheitlih zu behandeln vermöchte, über die er vielleicht 
auch noch gar nicht verfügt. Rührend in ihrer Einfachheit und Eindeutig= 
keit ist die schmale Gestalt der Frau Hirsch, kühler, überlegen in elasti- 
scher Sicherheit Frau Bessie Loos, nur scheinbar altmeisterlich der aristo= 
kratishe Schneider Ebenstein. Diese Figuren — auch der blaue Herr und 
Dr. Szeps, beide mit 1912 sicher zu spät datiert, gehören zu ihnen — stehen 
als deutlich umrissene, vom Hintergrund getrennte Gestalten im Bildviereck. 
Die Wendung zu einer neuen Bildform, in manchem frühern Porträt 
schon vorbereitet, kündigt sich in den Köpfen Rudolf Blümner und Dr. Caro, 
in der Halbfigur W. Wauer und im Knabenbildnis deutlicher an. Hinter» 
grund und Figur rücken zusammen. Das Gefüge der Figuren löst sich 
flächig auf, ihre Bewegung geht unmittelbar auf den Bildgrund über. Von 
nun an malt der Künstler auch nicht mehr ausschließlich Köpfe und Hände, 
er tritt, mehr sich selber angehörend, in einen breiteren Lebens= und Ideen 
kreis. Es ist wie wenn er des endlosen Andrängens immer neuer fremder 
Menschen sich nun erwehren wollte, um sich in stillere und tiefere Regionen 
zurückzuziehen. Das «Sposalizio» ist noch Doppelbildnis und gleichzeitig 
Bild im neuen Sinne, Von der mystischen Romantik, die sich in Kompositionen 
mit religiösen Themen ausspricht, wo zarte Regenbogenfarben über Men- 
schen, Erscheinungen und Dinge gleichmäßig hinströmen und in einander= 
fliessen, wendet er sich freilich bald wieder nach außen. Auf den aus 
perlmutterfarbenem Schleier staunend blickenden Jüngling des kleinen Selbst» 
hildnisses folgt der in Eisengrau und =blau fest zusammengehaltene Maler, 
der 'nun als Mann sich vor die Welt hinstellt. 
Große persönliche Erlebnisse und das Bewußtsein des eigenen Wesens 
scheinen nun seine Hand zu beflügeln und sein Auge noch einmal mächtig 
zu weiten. Die Tiroler Landschaft schwillt und leuchtet unter der gelben
	        
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