«Dada Haarwasser» und «Dada Kopfwasser», 1913/1914, Bergmann & Co.

«Dada war da, bevor Dada da war.» Der berühmte Spruch von Hans Arp gilt nicht nur für die Bewegung, sondern auch für das Wort selbst. In Wörterbüchern und in der Alltagssprache existierte es längst bevor es die Dadaisten für sich neu erfanden. «Dada heisst im Rumänischen Ja, Ja, im Französischen Hotto- oder Steckenpferd. Für die Deutschen ist es ein Signum alberner Naivität und zeugungsfroher Verbundenheit mit dem Kinderwagen», resümierte Hugo Ball. Möglicherweise half bei der Namensfindung tatsächlich ein Larousse, als Huelsenbeck und Ball einen Namen für eine Cabaret-Sängerin suchten, möglicherweise verhielt es sich aber auch ganz anders. Zum Beispiel so, wie es in Dada 8, diesem Echo aus Dada Tirol, tönt:
«Déclaration. Je déclare, que Tristan Tzara a trouvé le mot DADA le 8 février 1916 à 6 h. du soir; j’étais présent avec mes 12 enfants lorsque Tzara a prononcé pour la première fois ce mot qui a déchaîné en nous un enthousiasme légitime. Cela se passait au Café Terrasse à Zurich et je portais une brioche dans la narine gauche [...]. Tarrenz b. Imst 6 Août 1921 ARP»

Offiziell und gedruckt tauchte der Name erstmals 1916 in der Anthologie Cabaret Voltaire als Hinweis auf die geplante internationale Zeitschrift Dada auf. Kaum war der goldene Zweisilber da, nutzten die Dadaisten das Wort für ihre Propaganda. Es war inhaltsfrei und konnte – wie die Berliner Dadaisten 1919 notierten – gar nichts, also alles bedeuten und war insofern prädestiniert für das «Narrenspiel aus dem Nichts, in das alle höheren Fragen verwickelt sind» (Hugo Ball). Aus dem Wortspiel wurde ein Artefakt. Tzara erkannte schnell, wie gut es sich zur Lancierung einer grösseren internationalen Bewegung einsetzen liess, wie sie ihm vorschwebte. Ball hingegen hinterfragte diese Attitüden bereits im Eröffnungs-Manifest im Juli 1916: «Nur ein Wort und das Wort als Bewegung. Es ist einfach furchtbar. Wenn man eine Kunstrichtung daraus macht, muss das bedeuten, man will Komplikationen wegnehmen.» Gleichzeitig war er es, der die Brücke zu den Dada-Produkten der Parfümerie Bergmann & Co. schlug. Deren Dada-Kopfwasser, die Lilienmilchcrème und -seife waren ebenfalls vor Dada da. Die Firma hatte für ihre Produkte, die u.a. in Zürich produziert und unter dem geschützten Namen «Steckenpferd» verkauft wurden, einen attraktiveren Namen für den mehrsprachigen Markt gesucht und dafür die französische Übersetzung gewählt. Ball im Manifest: «Dada ist die Weltseele, Dada ist der Clou, Dada ist die beste Lilienmilchseife der Welt.» Die Firma Bergmann produzierte nicht nur Dada-Produkte, sondern sorgte in einem Wettbewerb auch für Dada-Poesie der anderen Art:
«Ha lang gläbt und bi doch gäng zwänzgi bliibe! / ‚Meiteli, was häsch dänn tribe?‘ / Für bloss drü Fränkli channsch es au ha – / s’isch Liliemilch-Seife und Creme ‚Dada‘!»
«Unter vielen tausend Seifen / Würdich nur nachBergmann` greifen / Und von allen guten Crèmen / Als die beste ‚Dada‘ nehmen.»

Zwei Inserate aus Schweizer Zeitungen ohne Quellenangabe. Mit handschriftlichen Jahresangaben in Bleistift („1913“) und roter Tinte („1913/1914“). Die Inserate waren in einem Firmenalbum von Bergmann & Co. eingeklebt und dienten als Werbebelege. Provenienz: Geschenk der Familie H.-R. u. V. Tobler-Renold, Zürich, 2015.


Cabaret Voltaire, DADA III:31
Dada 3, DADA III:33:3