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zu halten, wird überwintern — es ist ein hartes Wort, aber es sagt die Wahrheit,.
Viele, sehr viele haben den Tod vor Augen, unabwendbar.
Im Gros der Bauern ist eine neue Liebe zur Sowjetregierung emporgewachsen.
Als ob die Seele des russischen Bauern sich aufzuschließen beginnt gegenüber
dem Bruder, der in der Fabrikhalle, an der Drehbank steht und für ihn arbeitet^
Die Seelen haben sich aufs neue genähert, und das Organisatorische, das künftige
Sozial-Verbindende im Wirtschaftsaufbau Sowjetrußlands wird in den kommen
den Monaten daraus neues Leben gewinnen. Auf der Grundlage dieses, wenn
gleich noch schüchternen, aber deswegen nicht weniger glücksgetragenen Ver
trauens zwischen Arbeiter und Bauer vollzieht sich die Hilfsaktion der Sowjet
behörde. Die Hungernden schweigen, nur eine Klasse schreit: die Kulaken. Die
Steppe hallt wider von ihrem Verzweiflungsjammer, sie haben noch vier Pferde
im Stall, eine Durchsuchung ihrer Verstecke fördert manchmal Lebensmittel zutage
die auf Tage hinaus das ganze Dorf ernähren könnten. Der Lebenswille der
armen Bauern ist im Wachsen, während der der Kulaken langsam gebrochen wird.
Die Klassengegensätze in der Hilfe.
In dem gleichen Maße wie die Nachrichten aus dem von der Hungerkatastrophe
betroffenen Gebiet in den Zentralbehörden anschwoll, im gleichen Maße setzte
die Initiativbeweguug zur Bekämpfung der Hungerepidemie ein. Den Leuten, die
in Westeuropa bei den ersten Meldungen über die Hilfsaktion der Sowjetregierung
skeptisch gelächelt haben, mag dieses Lächeln längst erstorben sein, und die Rede
dazu. Immer von neuem wieder wirkt es wie ein Wunder, wie tief die Regierung
der Arbeiter und Bauern in Rußland im russischen Volke verwurzelt ist. Um die
beispiellose Größe dieser Leistung zu begreifen, müßt ihr einen Versuch machen,
euch vorzustellen, wie die an den europäischen Vorkriegsverhältnissen hoch-
entwickelter Industriestaaten gemessene ökonomische Lage Sowjetrußlands auf
den Lebensstandard des einzelnen Arbeiters wirkt. Der kommunistische Arbeiter
in Rußland hungert seit vier Jahren, in der Gleichmäßigkeit seines Kampfes mit
dem Hunger nur unterbrochen von den Entbehrungen neuer Kriege, in denen per
sönlicher Heroismus meist die modernen Kriegswaffen ersetzen mußte. Dieser
Arbeiter schaut von Monat zu Monat sich nach Hilfe um. Da brach die
Hungerkatastrophe ein in ein Land, in dem der Arbeiter an sich hungert
und das Notwendigste an Kulturgütern entbehrt. Hand aufs Herz, west
europäischer Arbeiter, wieviele von euch wären in einer solchen Situation
zusammengebrochen? Mit zielsicherer Hand hat die russische Arbeiter
und Bauernregierung die Zügel des neuen Wirtschaftskurses in der Hand.
Die Organisation der Hilfe für die Hungernden greift unter Zugrunde
legung der wirtschaftlichen Erleichterungen betreffs Freihandel und Arbeitszwang
in das wirtschaftliche Leben jedes einzelnen hinein. Sie zwingt die Menge der
Spekulanten, der Konzessionshändler und vor allem die ungeheure Menge der
Nichtstuer, die in der Form der Sabotage zwar dem Sowjetstaat dienen, im Grund
aber von den Ueberresten ehemaligen Besitzes, von ihrer bourgeoisen Verbitterung
und fortschreitenden Verdummung leben, in den Dienst dieser Hilfe hinein. Die
Woche für die Hungernden hat überall gezeigt, daß an freiwilligen Hiifspenden
seitens der Kleinbürger, geschweige denn der weißrussischen Großbourgeoisie
nicht zu denken ist. Der Versuch mit dem Allrussischen Zentralhilfskomitee hat