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Der Sinn der Realität ist die
Quintessenz der sie konstituie
renden Fakten, ihre Ideeisierung.
Die Häufung genau beobachteter
Details, das »nach dem Leben«,
beweist gar nichts, denn die
künstlerische Wahrheit ist visio*
när. Die chinesischen Götter
bilder haben Stirnbudcel, die es
»nicht gibt«. Jene kleinen Fi
guren der jonischen Inseln haben
Wasserbäuche. Die Wirklich
keiten der Kunst sind Produkte
einer hohen intellektuellen Che
mie, nicht automatisch mit der
Hand nachgezogene Reflexe auf
der Hornhaut eines enthirnten
Individuums aus der Gattung
»Maler«.
Was die Leute vor Kunst*
werken oft Deformation nennen,
das ist eben das schöpferische
Prinzip, die anima Dei. Michel
Angelo deformierte den Sinn
des Marmors, um auf die Ge
heimnisse des Steins zu kommen
und aus ihnen zu erlauschen, wie
Damenbildnis sie in eine Form zu ketten seien.
Was für Kämpfe muß es die
Bildhauer des 13. und 14. Jahr*
hunderts gekostet haben, dem Steine ein Lächeln, einen Faltenwurf zu entreissen, und galten
als Narren.
Egon Schiele
<Staatsgalerie, Wien)
Alles vor dem Werke eines Künstlers Sagbare und des Sagens Würdige wird immer allgemein
sein, denn das Besondere des Falles ist eben in dem Besonderen der künstlerischen Mitteilung so
absolut gesagt, daß es umschreibend wohl andeutbar, aber in keiner Weise ersetzbar ist: ein
Gedicht ist nicht zu malen, eine Malerei nicht zu dichten. Daß aber das Werk eines Künstlers
dazu führt, allgemeine Gedanken auszulösen, ist Beweis für die Stärke dieses Werkes, für seine
Kunst. Vor dem Schund fällt einem nur ohnmächtig das Wort Schund von der Zunge.
Franz Blei.
DIE NEUE BEWEGUNG IN DER MUSIK.
Weniger als irgendwo anders, so scheint es mir, kann man die Erscheinungen der neuen Kunst
in Wien in die Schlagworte fassen, mit denen man heute, im Drange zu rubrizieren und dem
Gedächtnis leichte Brücken zu bauen, jede Kunst abzugrenzen sucht. Es handelt sich um eine
Vielheit von Äußerungen eines starken Triebes, zu schaffen, darzustellen, und es wäre vergebens
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