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sie mit Recht eitel sein, wäre es aber ebendeshalb nicht,
weil Selbstliebe nicht Eitelkeit ist, sondern ein tierisch
begabter Zustand (Wiesenbenützung). Da man also seinen
Nächsten, wenn man ihn wie sich selber liebt, lediglich
der eigenen Eitelkeit dienen läßt, darf man sich nicht
wundern, daß so viel geliebt wird . . . Der Unterschied
zwischen J. Christus und Ch. Huysmans („Tu den andern,
was du nicht willst, das sie dir tun!“): beide waren er
folgreich und hatten deshalb keinen Erfolg . . . Hiebe
tragen übrigens oft die größte Anhänglichkeit ein, Ge
schenke die größten Unannehmlichkeiten. Man wäre ver
sucht, Vorstellungen zu machen. Trotzdem habe ich (das
schmeichle ich mir sehr!) einen überaus praktikablen Aus
weg ersonnen: was ich nicht ertelephonieren kann, lasse ich
im Wege der Entwendung an mich bringen, und gelingt
das nicht, so helfe ich mir mit einer fingierten Prügelei. . .
(Apres moi la blennorragie!)
58° Die (sprich leisef!) — Meisterwerke der Weltlite
ratur: solch Schwindel erregende Bücher, daß man
(jung) die Augen schließt, sich weiterdrehen läßt und sich
schließlich (wenn man sich nicht mehr zu erwischen ver
mag) einbildet, man habe einen Standpunkt bekommen
und könne mit sich beginnen . . . Kunst!!! Die infantilste
Form von Magie. Man beschäftige sich ein paar Wochen
mit den Geheimwissenschaften und wird entdecken, daß
die Okkultisten gesündere Bebes sind. Sämtliche Kunst
zeitschriften (Sturm-Gebimmel, Aktions-Gefuchtel, Fackel-
Gefackel) sind nur Separat-Beilagen zu den korrespon
dierenden Tageszeitungen (externes Feuilleton). Das „Neue
Wiener Journal“, die „B. Z. am Mittag“ und der „Matin“
sind als in jeder Hinsicht weitaus reeller sehr zu emp
fehlen . . . Die besten Bücher der Weltliteratur wurden
in der Absicht geschrieben, das beste Buch aller Zeiten
zu schreiben: die psychologisch einzig erträgliche Voraus
setzung des Bücherschreibens von dazumal. Heute kann