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manchmal gar nicht, manchmal nur flüchtig die Hand.
Aber das gilt ja der unwirklichen Dagny. Dann vergesse
ich oft den Takt und die Umgangsformen und erwidere
den Händedruck. Das geschieht natürlich nur in der Un
sicherheit. Es schickt sich ja nicht, zu fragen: „Wünschen
Sie den Leib oder die Seele?" Ist ja alles nur leihweise
vorhanden.d
Nach herkömmlicher Weise wird nur der Leib ausge
liehen. Kommt eine Unterhaltung dabei zustande, obzwar
sie nicht nötig ist, so darf man sich um der lieben Seele
willen nichts dabei denken. Um Gottes willen, nur nichts
denken.
Zwei Dinge gibt es, bei denen man sich nichts denken
darf, denn dies wäre gefährlichstes Hindernis, sie zu er
reichen: Gott und die Frau. In die Abenteuer des Sinn
lichen und des Uebersinnlichen wandert man gedankenlos.
Wer den Glauben hat, überfliegt die Hindernisse.
Wer sollte mich ganz begreifen, der mich nicht sieht?
Ein Mann sieht mich auf der Straße, und ich weiß, er
glaubt an mich durch seine Sinnlichkeit. Er sieht mich
und seine Sinne leben, weil er an mich glaubt. Er braucht
nicht zu wissen, daß ich ein Mädchen bin. Er fühlt es. Er
wittert es.
Hier ist der Punkt, wo meine Allwissenheit beginnt.
Unterliegend empfinde ich mich und doch sicher. Bibel und
Bände werden diese geheimen, ewigen Kräfte nicht schwä
chen können.
Vom Standpunkte meiner Zeit aus hab' ich die Tiere in
ihrer Unschuld heilig gesprochen. Sie werden in den Tier-