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Das Wort und das Bild.
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Aber, so werdet ihr sagen, er schreibt ja nur einen Roman,
und was er da sagt, wird sein eigener Konflikt sein. Das mit der
Seele und unserem Selbst, das ist ja nur Schöntuerei. Verliert
man nicht überm Romaneschreiben, wo man’s auf andere schiebt
und wo alles doch Schein bleibt, wo man sich zu Verlegern und
zwar zu geschäftstüchtigen hält und Existenzsorgen hat, — ver
liert man als Autor nicht selbst seine Seele?
Ja, so ist es wohl. Es wäre unsinnig, es zu leugnen. Man
verliert sie, die Seele, schon ehe man sagen kann, daß sie ver
loren wird. Und darum haßt dieser Dichter seinen Entwurf, darum
haßt er seine Figuren.
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10. XI. Neu ist in diesem Roman: der Künstler (und zwar der bürger
liche, entselbstete, der romantisierende Künstler), den der Moralist
aufzehrt. Der Roman, die Romantik und der Romanschreiber
selbst werden fraglich. Die entschlossene Selbstdarstellung im
Sinne der Augustin und Rousseau wäre die Lösung. Aber dazu
gehört sehr viel Mut und dazu gehört eine Bedeutung, die sich in
objektivierten' Traumgebilden nur allzu leicht Vortäuschen
lassen. Sollte aber selbst die Gewichtigkeit des Autors zu ent
behren sein, so wäre doch eine bekennende, selbsterschöpfende
Gesinnung unerläßlich.
11. XI. Schickele bringt mir einiges zum Übersetzen: Pressestimmen
zur Autonomie Polens, und einen Aufsatz über Maurras, Lemaitre
und Barres aus dem „Mercure de France“.
Bin ich am Ende hierhergefahren, um mich an die Madonna
vom Rhein und ans Straßburger Münster erinnern zu lassen?
Es scheint fast so.