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Das Wort und das Bild.
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Vernunft ist ein einfaches Anreihen und Angliedern an den Be
sitz einiger für unverbrüchlich gehaltener und doch inzwischen
zerbrochener Tatsachen und Überzeugungen getreten.
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6. II. Clauser hat mir einen Aufsatz über Bloy gebracht. Da ihn
niemand drucken mag, will ich die Hauptsachen daraus notieren.
,Nur großer Schmerz kann große Werke schaffen. Erst
wenn die Seele zerfleischt ist, kann sie ihren letzten
Tropfen Blut in ein Kunstwerk verwandeln.
,Dirnen werden zu Heiligen, nur im Volk findet man
wahre Größe. Man muß mit jenen leben, die nur ein
Kleid haben, das verwaschen ist von unzähligen Regen
güssen, steif ist von jahrelangem Schmutz, um Menschen
zu finden.
,Der einzige moderne Dichter Frankreichs, der hinunter
gestiegen ist und gelebt hat im Elend, Jehan Rictus, hat
die Mystik der Armut verstanden.
,Bestehen bleibt nur das ewige Gesetz des Mitleids mit
den Verkommenen, die größer sind als alle Ruhmvollen
dieser Welt, weil sie erkannt haben ihre eigene Schlechtig
keit.
,Mystiker und Katholik, nicht ästhetisch wie Claudel,
sondern überzeugt, durchdrungen, kämpft Bloy. Die ein
zige Sicherheit dieser Welt sind überlieferte Prophe
zeiungen, die der Apokalypse und die, die noch heute
gegeben werden von reinen Jungfrauen (Notre Dame de
la Salette).
,Die Skepsis Anatole France’s war Tradition. Leon Bloy
ist eine Ausnahme, ein Anachronismus. Seine Sprache ist
die Rabelais’, er gehört ins Mittelalter, das er liebt. Sogar
nach Byzanz. In ein Mittelalter, wo man betete und das